Review Powerwolf – Call Of The Wild

Liebe und Hass treffen sich in der Heavy-Metal-Gemeinde selten so sehr wie bei POWERWOLF: Die Band polarisiert, hier gibt es kaum eine Meinung dazwischen. Mittlerweile befindet sie sich in der ersten Riege der traditionellen deutschen Heavy-Metal-Landschaft und diesen Status hat die Combo sich hart erarbeitet – in den letzten 15 Jahren hat keine andere deutschen Metal-Band einen derart steilen Aufstieg genommen. Mit dem nun achten Album „Call Of The Wild“ setzen die Saarländer diesen Weg musikalisch und thematisch konsequent fort und knüpfen nahtlos an das starke „The Sacrament Of Sin“ (2018) an.

„Faster Than The Flame“ geht nach einem kurzen, getragenen Intro auch direkt in die Vollen: Melodische Uptempo-Riffs und ein treibendes Schlagzeug geben den Takt vor, der klare Gesang von Attila Dorn thront in seiner Hymnenhaftigkeit mitsamt Kirchenchören über dem instrumentalen Gerüst. Wie gewohnt schraubt sich der Song direkt in die Gehörgänge, der Refrain setzt sich sofort fest – POWERWOLF wissen ganz genau, was sie wollen, und haben ihr Erfolgsrezept perfektioniert. Es ist beeindruckend, mit welcher Häufigkeit und Präzision das Wolfsrudel eingängige und hochklassige Songs aus den Ärmeln schüttelt.

Geschüttelt werden hier auch durchgehend Haare und Fäuste: Das Headbang- und Live-Potential der neuen Tracks ist einmal mehr ausnahmslos hoch. Die beiden Vorabsingles „Beast Of Gévaudan“ und „Dancing With The Dead“ sind ebenso wie das stampfende „Varcolac“ und das knackige „Reverent Of Rats“ heiße Kandidaten für die nächsten Konzert- und Festival-Setlists. POWERWOLF bleiben sich also treu und wagen auch keine großen musikalischen Experimente. Für Abwechslung sorgt die Power-Ballade „Alive Or Undead“, die sich mit „Where The Wild Wolves Have Gone“ vom Vorgänger messen kann. „Blood For Blood (Faoladh)“ überrascht mit dem Einsatz eines Dudelsacks und bringt so ein neues Element in den ansonsten fest zementierten Sound ein.

Seit ihrem ersten Album „Return In Bloodred“ (2005) ziehen POWERWOLF die Werwolf-Thematik durch all ihre Veröffentlichungen. Diese ist jedoch nicht nur irgendein Image, sondern die Band geht voll darin auf und verfolgt durchaus auch einen Bildungsauftrag und taucht tief in die Materie ein: Das „Beast Of Gévaudan“ war ein Raubtier in Südfrankreich, dem in den 1760er Jahren um die 100 Frauen und Kinder zum Opfer gefallen sein sollen. Der „Varcolac“ stammt aus der rumänischen Folklore und beschreibt unter anderem einen Wolfsdämon, der gleich dem nordischen Fenriswolf Mond und Sonne verschlingt. „Faoladh“ dagegen ist die Bezeichnung für einen irischen Werwolf, der im Gegensatz zu seinen bekannteren Verwandten ein Beschützer von Kindern, Verwundeten und verlorenen Seelen ist.

Mit „Glaubenskraft“ wird es dann erstaunlicherweise ernst: Der komplett deutsche Song handelt vom Amtsmissbrauch der katholischen Kirche, dem neben dem Staatsrecht existierenden Kirchenrecht und von sexuellen Übergriffen. Zynische Zungen mögen behaupten, „Undress To Confess“ handele von derselben Thematik, der Track reiht sich aber ein in die Reihe schlüpfriger, ketzerischer Späße.

„Call Of The Wild“ ist wieder ein gutes POWERWOLF-Album, einen Ausfall sucht man in der Bandhistorie eh vergebens. Durch ihren Trademark-Sound hat das Quintett sich ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet, das seinesgleichen sucht – auch wenn etwa ein „Beast Of Gévaudan“ gerne etwas weniger nach Sabaton klingen dürfte. Außerdem ist Attila Dorn ein sehr guter Sänger, der sowohl die mittleren wie auch die hohen Tonlagen perfekt beherrscht. Ein weiterer Megahit wie „Demons Are A Girl’s Best Friend“ fehlt hier zwar, dennoch ist die Hitdichte wieder hoch und das Konzept scheint noch lange nicht abgenutzt. Jeder POWERWOLF-Fan darf sich uneingeschränkt freuen, denn er bekommt genau das, was er will in der bewährten Qualität.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert