Review Pestilent Hex – Sorceries Of Sanguine & Shadow

Hach ja, die frühen 2000er. Da war die Welt noch in Ordnung. Damals, als Dimmu Borgir noch keine Ozzy-Osbourne-Fransenjacken trugen und (wesentlich schlechter) versuchten, Therion zu kopieren. Damals, als Naglfar noch Lust und einen Sänger hatten, der klang, als gäbe es bei ihm jeden Morgen eine Kreissäge zum Frühstück. Damals, als Immortal sich noch liebten und durchweg gute Alben veröffentlichten. Ja, das war schon eine Zeit.

Heute freilich wird dem Schreiber schwer ums Herz. Bei seinen Helden herrscht Lethargie, Streit oder Shagrath. Selbst der Gehörnte fängt an, sich zu ärgern, weil seine Hofmusiker dieser Tage zu Schatten ihrer selbst geworden sind. Doch es gibt Grund zur Hoffnung. PESTILENT HEX, ein Black-Metal-Duo aus Finnland, meldet sich zwei Jahre nach seinem Debüt „The Ashen Abhorrence“ mit „Sorceries Of Sanguine & Shadow“ zurück.

Für Nostalgiker ist das ein wahrhaftiger Grund zur Freude, denn hier schlagen wir den Haken zur Einleitung: Wenn es um die Verehrung und den Erhalt vergangener Klänge geht, lässt sich das Gespann nicht den Löffel aus dem Mund nehmen.

Multiinstrumentalist L. Loathe und Sänger M. Malignant (beide unter anderem auch bei Desolate Shrine aktiv), haben sich verbündet, um Melodic Black Metal der alten Schule zu erschaffen. Dass die Finnen dabei sowohl die schwedische als auch norwegische Wertarbeit hochhalten, ist nur folgerichtig. Die Noten finnischen (Black) Metals machen die Herkunft der beiden Musiker dabei mehr als offenkundig.

„Sorceries Of Sanguine & Shadow“ ist von Anfang bis Ende mit tollen Songs gespickt. Direkt zu Beginn beim Opener „Sciomancy And Sortilege“ könnte man meinen, PESTILENT HEX wären das musikalische Kind von Dimmu Borgir und Naglfar, so energetisch schießt einem die Band ihre Hommagen ins Gesicht. „Through Mirrors Beyond“ wartet mit fantastischen Melodien auf, während „Of Hexcraft And Laws Three-fold“ mit rasanten Drums und schneidenden Gitarren irrwitzig den schwedischen Vorschlaghammer schwingt. Gegen Langeweile (so sie denn überhaupt aufkommt) hilft ein stilvoll eingebrachter akustischer Einspieler.

Nach der Kategorisierung ihres Musikstils verwenden PESTILENT HEX auch symphonische Elemente. In diesem Fall ist es erfreulich, dass sich die Einflüsse aus Barock und Neoklassik nur dezent im Hintergrund abspielen. So sorgen die sphärischen Arrangements auf Songs wie „A Spectral Voyage“ für zusätzliche Verdunkelung, ohne dabei kitschig zu wirken.

Mit dem zehnminütigen Albumcloser „Sanguine Gnosis“ ist der Band ein Meisterstück von Song geglückt. Dieser übermelodische Track verbindet alles Vorherige in – sagen wir es, wie es ist – vollkommener Perfektion. Melodie, Aggression und stilvolle klassische Nuancierung machen „Sanguine Gnosis“ zu einem kurzweiligen Hörvergnügen. Ein würdiger Schlusspfiff für eine großartige Veröffentlichung.

PESTILENT HEX zeigen mit „Sorceries Of Sanguine & Shadow“ überdeutlich, wie gut die zweite Welle des Black Metal auch noch heute funktioniert, ohne dass man das Rad dabei neu erfindet oder mit der „Post“ kommt. Ganz klar – PESTILENT HEX haben diverse Paten beim Erschaffen ihrer Musik zitiert. Wenn das Ganze aber derartig gut funktioniert und vor allem, wenn Musik solchen Formats von denen, die sie einst etablierten, längst nicht mehr zu erwarten ist, dann kann einem das Gehörte nur allen Grund zu Freude und Hoffnung geben.

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Wertung: 9 / 10

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