PER WIBERG dürfte den meisten als Keyboarder der Progressive-Band Opeth sowie der Stoner-Truppe Spiritual Beggars ein Begriff sein, ist aber auch auf unzähligen weiteren Metalplatten von Arch Enemy bis Candlemass zu hören – und das seit über 20 Jahren. Umso erstaunlicher, dass die erste Soloplatte des umtriebigen Schweden so lange hat auf sich warten lassen. Hat „Head Without Eyes“ mehr zu bieten als hoffentlich überdurchschnittliche Instrumentalarbeit?
Streckenweise ja – auch wenn es hier und da vielleicht ein kleines bisschen an Eigentständigkeit fehlt. PER WIBERG arbeitet sich eigentlich auf „Head Without Eyes“ durch 50 Jahre Rockgeschichte, was durchaus Spaß macht und aufgrund der Abwechslung auch gut funktioniert. Vom Schlagzeug und einigen Gesangspassagen mal abgesehen hat Wiberg alle Instrumente selbst eingespielt: Und der Multiinstrumentalist beweist eindrucksvoll, dass er nicht nur an Tasteninstrumenten technisch überzeugen kann, sondern auch mit Vier- und Sechssaiter umzugehen weiß. Spielerische Skills sind schon mal nicht das Problem, aber wie schaut es mit dem Gesang aus?
PER WIBERG ist technisch ohne Frage ein guter Sänger, allerdings fehlt es seiner Stimme ein wenig an Charakter und Unverwechselbarkeit – so fühlt man sich auf „Head Without Eyes“ häufig an Nick Holmes um die Jahrtausendwende erinnert, der Gesamteindruck in Verbindung mit der Musik lässt auch Vergleiche mit Anathema, Steven Wilson, The Pineapple Thief und anderen Kscope-Acts zu. Das ist sicher nicht verkehrt, aber auch nix richtig Besonderes – obwohl es eine Menge schöner Melodien auf Wibergs Solodebüt zu hören gibt, bleibt der Ohrwurmcharakter ein klein wenig auf der Strecke. Wenn Sängerin Billie Lindahl unterstützend eingreift, wird daraus allerdings ein Schuh: „Anywhere The Blood Flows“, der mit über elf Minuten längste Song des Albums, ist eine extrem coole und catchy Space-Rock-Nummer inklusive psychedelischen Orgelklängen und auch der atmosphärische Albumcloser „Fader“ hat etwas wunderbar soundtrackartiges.
„Head Without Eyes“ ist definitiv kein schlechtes Album, denn der zu Anfang angesprochene Facettenreichtum macht den Unterschied: „Get Your Boots On“ rockt ziemlich und geht tempomäßig schön vorwärts, „Pass On The Fear“ ist sehr düster geraten und erinnert harmonisch im besten Sinne an Steven Wilsons Solodebüt „Insurgentes“, ohne dabei abgekupfert zu wirken. Und da PER WIBERGs Werksschau nur sechs Songs (was aber aufgrund von zwei Zehnminütern trotzdem zu einer Spielzeit von knapp 45 Minuten führt) und dabei keine wirklichen Filler beinhaltet, kann man das Experiment „Selbstverwirklichung“ unterm Strich als geglückt bezeichnen. „Head Without Eyes“ ist kurzweilig und abwechslungsreich, progressiv, aber überfordert nicht und kann somit jedem Freund von in diesem Review genannten Musikern und Bands problemlos ans Herz gelegt werden – zumindest solange man als geneigter Zuhörer nicht die ultimativ-einzigartige Gesangsstimme erwartet.
Wertung: 7.5 / 10