Review Patriarkh – Пророк Илия (Prokok Ilja)

  • Label: Napalm
  • Veröffentlicht: 2025
  • Spielart: Black Metal

Die Sache ist entschieden. Krzysztof Drabikowski geht als Gewinner aus dem im Jahr 2019 losgetretenen Rechtsstreit mit dem Sänger Bartłomiej Krysiuk hervor. Die Fehde um Namensnutzung und Rechteinhaberschaft der ersten beiden Alben „Litourgyia“ und „Panihida“ sollte jedem Szenekenner ein Begriff sein und wird daher nicht erneut aufgerollt. Klar ist, wo es bis Anfang dieses Jahres zwei Varianten von Batushka gab (exklusive diverser Parodien, die eine Zeit lang wie Pilze aus dem Boden schossen) hat Krysiuk die Niederlage in der Sache nun mit seiner neuen Band PATRIARKH kommentiert. Ist der Nachfolger zu „Hospodi“ von 2019 also die endgültige Loslösung von der Musik, die den Durchschlag dieser Kontroverse erst ermöglicht hat?

„Пророк Илия“ (deutsch: „Prophet Elijah“, ab jetzt zur besseren Lesbarkeit „Prokok Ilja“) ist das Label-Debüt von PATRIARKH unter Napalm Records. Dort wird das Album als ein Werk beschrieben, dessen Finsternis „durch Mark und Bein“ geht. Krysiuk selbst tituliert den neuen Output seiner Band als „pastoral, lyrisch, episch, multidimensional und ebenso vielfältig…“. Rein konzeptionell erzählen PATRIARKH die Geschichte des Bauern Eliasz Klimowicz, der sich selbst zum Propheten Ilja ausrief und später die Grzybowska-Sekte anführte. Er scharrte Jünger um sich, ließ eine Kirche erbauen und geriet im Verlauf seines Lebens in erbitterten Streit mit dem Klerus. Sogar Aufstände wurden in seinem Namen geführt. Die Siedlung Wierszalin, welche Klimowicz gründete, stellt versehen mit den Zahlen eins bis acht die Tracklist von „Prokok Ilja“ dar. Künstlerische Freiheit anstatt künstlerischer Frechheit also?

Zugegeben, das Thema ist wirklich interessant gewählt. Aber es kann nicht abgestritten werden – schon mit den ersten Tönen von „Wierszalin II“, wird ganz klar, dass Krysiuk zwar den Namen Batushka, jedoch nicht deren Musik hinter sich gelassen hat. Der Song startet direkt mit epischen Chören und wuchtigem Achtsaiter-Riffing, was wohlige, aber in diesem Fall unangenehm vertraute Gefühle weckt. Zwar werden durch den Einsatz weiblichen Klargesangs (hier dargeboten von Eliza Sacharczuk) und orchestralen Arrangements funktionale Akzente gesetzt, bei aller Mühe gelingt es jedoch nicht, die stilprägenden Attitüden zu verdrängen, die den Sound von PATRIARKH erst begründet haben. Sofern das überhaupt gewollt ist. Unterstrichen wird dieser halbgare „neue“ Ansatz auch noch einmal auf „Wierszalin IV“, welches wieder auf dem gleichen Prinzip fußt, dabei aber noch etwas deutlicher in Richtung Drabikowski schielt. PATRIARKH unternehmen dabei durchaus den Versuch, sich möglichst weit von dem zu entfernen, was ihren Mastermind Bart mit der Musik eines anderen überhaupt erst groß gemacht hat.

Es wäre gelogen würde man behaupten, diese Vorgabe sei nicht hin und wieder gelungen. Denn tatsächlich ist es so, dass „Prokok Ilja“ einige spannende Momente zu bieten hat. Die verschiedenen Gesänge in Kombination mit mannigfaltigen volkstümlichen Instrumenten und der typisch dröhende Unterbau wie beispielsweise auf „Wierszalin III“  und „Wierszalin VI“ zu hören, sorgen schon für Stimmung, das lässt sich keinesfalls leugnen. Auch das ein oder andere Black-Metal-Arrangement („Wierszalin V“) vermag zu zünden, denn gerade, wenn bei so einem Song dann die Chöre einsetzen kann man schon erahnen was möglich wäre, bekäme man tatsächliche Eigenständigkeit zustande.

Am ehesten gelingt das der Band noch beim letzten Song der Platte, was einfach daran liegt, dass man allen neuen (und alten)  Einflüssen hier gerade so viel Platz eingeräumt hat, dass sie zwar gewisse Remineszenzen zum Werk von Batushka zulassen, jedoch nicht wahllos zusammenkopiert klingen. Die vergleichsweise einfachen Riffs funktionieren ausgesprochen gut mit der Orchestrierung und dem helleren Chor. Zudem hat die Nummer mit einem epischen Instrumental-Part, der ins letzte Drittel führt, einen definitiven Earcatcher inne. Wie bricht man nun die anfangs gestellte Frage nach Freiheit oder Frechheit auf das Wesentliche herunter?

„Prokok Ilja“ hat durchaus starke Momente, in denen es auch mit ordentlich Stimmung aufwarten kann. Traurigerweise sind es aber gerade die Momente, während der Barth am aggressivsten mit Batushka liebäugelt, an denen „sein“ neues Album am besten funktioniert. Also auch hier wieder: die äußeren Umstände entscheiden mit und im direkten Vergleich ist das Gefälle im Songwriting bei teilweise frapierender Ähnlichkeit zwischen Patriarkh und Batushka dann doch zu groß, als dass man hier von einem „würdigen Ableger“ sprechen könnte. Ob das nun als Frechheit oder Freiheit zu werten ist, muss jeder selbst entscheiden. Wenn man sich aber abschließend klarmacht, dass die Bezeichnungen „Batushka“ und „Patriarkh“ betreffs ihres Wortstammes das Gleiche bedeuten und bei PATRIARKH der familiäre Begriff „Vater“ lediglich in einen orthodoxen Kontext verkehrt wurde, kann das gegenüber Drabikowski durchaus als Statement verstanden werden. Damit behält „Prokok Ilja“ zuletzt nicht nur seinen unangenehmen Beigeschmack, es belegt auch einen eindrucksvollen Mangel an künstlerischem Charakter.

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Wertung: 5.5 / 10

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