Review Paradise Lost – Medusa

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Doom Metal

Wenngleich PARADISE LOST von der Allgemeinheit in erster Linie für ihre Gothic-Alben (allen voran „Draconian Times“) geschätzt werden, so werden doch auch ihre früheren Werke heute als zeitlose Klassiker angesehen. Zu Recht gelten die Briten neben My Dying Bride und Anathema (mit denen sie die Peaceville Three bildeten) als die Wegbereiter des Death/Doom. Nach einigen Experimenten und einer Rückkehr zu alter Stärke setzt das Quintett auf seiner fünfzehnten Platte „Medusa“ nun das um, was sich bereits auf dem Vorgänger „The Plague Within“ angekündigt hat: Streitereien darüber, ob es sich um Gothic oder Doom Metal handelt, haben nun ein Ende, denn PARADISE LOST haben eindeutig den Death/Doom wieder für sich entdeckt. Ob sie damit den Glanz alter Tage wieder erstrahlen lassen können?

Benannt nach der versteinernden Gorgonin aus der griechischen Mythologie als nihilistische Metapher für die Verdrängung der Sinnlosigkeit allen Seins, ist „Medusa“ wahrhaftig das härteste Album, das PARADISE LOST bis dato im 21. Jahrhundert veröffentlicht haben. Einem Mangel an Einfallsreichtum kann man diese stilistische Rückbesinnung jedenfalls nicht zurechnen, merkt man doch von Anfang an, mit welchem Eifer das Quintett bei der Sache ist. Mit dem achteinhalb Minuten langen „Fearless Sky“ haben PARADISE LOST den wohl ausschweifendsten Song, den die Briten je geschrieben haben, gleich an den Beginn ihres Death/Doom-Revivals gesetzt.

Nach einem unheimlichen Orgel-Intro bekommt man hier bereits alle Trademarks zu hören, die „Medusa“ ausmachen: tonnenschwere, schleifende Gitarrenarbeit, schleppendes, aber doch verspieltes Schlagzeugspiel mit einigen kreativen Drumrolls und natürlich Nick Holmes‘ gramvolle, durch Mark und Bein fahrende Growls. Dass letzterer seinen facettenreichen Klargesang nur noch ergänzend und unauffällig in die Songs einarbeitet, ist natürlich bedauerlich, da so der emotionale Ausdruck eingeschränkter ist. Einzig auf dem überwiegend gesungenen „The Longest Winter“ mit seinen verwaschen wabernden Gitarren sprengen PARADISE LOST den eher eng gefassten Rahmen.

Die kräftigen Growls sorgen im Gegenzug für eine durchgehend morbide Stimmung, die hin und wieder an „Gothic“ zurückdenken lässt. Allem voran sind es jedoch die trostlosen, aber doch irgendwie lässigen Leadgitarren und Soli, die Assoziationen zum besagten Frühwerk hervorrufen – so etwa im bedrohlich treibenden „From The Gallows“ oder im groovenden „No Passage For The Dead“. Eine weitere Parallele sind die verschiedenen kompositorischen Details, mit denen PARADISE LOST geschickt jedem ihrer Songs eine eigene Identität verleihen, zum Beispiel durch das düstere Piano im Titeltrack oder die verhängnisvollen Backing-Chöre im hoffnungslosen Rausschmeißer „Until The Grave“.

Tatsächlich fühlt man sich auf „Medusa“ eine Dreiviertelstunde lang bis zu einem gewissen Grad in der Zeit zurückversetzt. Insbesondere die stimmigen Retro-Leads versprühen eine ähnlich finstere Atmosphäre, wie jene, die PARADISE LOST vor über zwei Jahrzehnten auf ihren ersten Platten eingefangen haben. Natürlich könnte man ihnen vorhalten, dass diese Rückkehr zu dem Stil ihrer Anfangstage nichts weiter als ein Rückschritt ist, und man hätte damit sogar Recht, innovativ ist „Medusa“ nämlich nicht im Geringsten. Davon abgesehen, dass PARADISE LOST zusammen mit ihren Cleans auch ein Stück ihrer Emotionalität aufgegeben haben, gibt es an ihrem Kurswechsel jedoch rein gar nichts auszusetzen. Die Briten haben nämlich die Erfahrung, die sie in all den Jahren gesammelt haben, stimmig einfließen lassen und somit eine fesselnde, zeitgemäße Death/Doom-Platte kreiert.

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Wertung: 8 / 10

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