Wie es klingt, wenn zwei scheinbar unvereinbare musikalische Welten – der Metal und der Jazz – nicht nur miteinander konfrontiert, sondern sogar verheiratet werden, zeigt die bayrische Combo PANZERBALLETT eindrucksvoll auf ihrem dritten Album „Hart Genossen von ABBA bis Zappa“.
Das Konzept der Band ist so einfach wie genial: Sie nehmen sich bekannte Hits und covern diese in ihrem unnachahmlichen Stil, hinzu kommen Eigenkompositionen von Bandchef Jan Zehrfeld, seinen Mitmusikern oder Gästen. Dabei ist es egal, aus welchem Genre der Originalsong kommt, das oberste Ziel ist, wie die Band sagt, das „Verkrassen“ des ursprünglichen Liedes, also das Transformieren in den typischen PANZERBALLETT-Sound. Auf ihren bisherigen Alben „Panzerballett“ und „Starke Stücke“ geschah dies unter anderem schon mit Deep Purples „Smoke On The Water“, AC/DCs „Thunderstruck“ und Black Sabbaths „Paranoid“. Die Originale sind dabei oft kaum noch wiederzuerkennen.
Auf dem aktuellen Album gehen die Jungs noch einen Schritt weiter und wildern in noch fremderen Genres: So wird das Album mit einer abgefahrenen Jazzmetal-Version der Simpsons-Titelmelodie eröffnet, Rammsteins „Mein Teil“ erfährt eine radikale Erneuerung und bekommt südamerikanische Rhythmen kredenzt – und Ralph Siegels Grand Prix-Schlager für Nicole, „Ein bisschen Frieden“, kommt mit neuer Härte und überarbeiteten Akkordfolgen zu spätem Ruhm.
Jan Zehrfeld & Co. gehen absolut kompromisslos vor, zerhacken das Original und setzen es in verqueren Puzzleteilen voller vertrackter Rhythmen, harten Bratgitarrenriffs, komplexen Bassläufen und geschmackvollen Saxophonsoli wieder zusammen. „Hart Genossen von ABBA bis Zappa“ arbeitet dabei mit mehr Gesang als die beiden Vorgänger. Conny Kreitmeier sorgt mit ihrer variablen und ausdrucksstarken Stimme für Aufsehen, aber auch Gitarrist Martin Mayhofer darf beim „Zappa Medley“ seine Gesangskünste präsentieren. Für die Growls, die nur in einem Stück eingesetzt werden, zeigt sich Gastmusiker Andy Lind verantwortlich. Was den Gesangseinsatz angeht, hat man also vor allem auf Abwechslung gesetzt. Neu ist auch, dass es keine Eigenkompositionen von Jan Zehrfeld mehr gibt. Dieses Mal hat er seinem Bandkollegen Martin Mayhofer („Bird Wild Web“) und zwei Gastmusikern den Vortritt gelassen. Das sehr an Meshuggah erinnernde „Weary Eyes“ ist von Andy Lind geschrieben worden, während das orientalische „The Mediterranean Breeze“ vom Okan Ersan eher ein Fusion-Gitarrenstück ist. Beide Musiker waren in der Vergangenheit mit PANZERBALLETT live unterwegs.
Neben den grandiosen Kompositionen zeichnet sich der Sechser dabei durch einen Humor aus, der seinesgleichen sucht und auch schon durch die Musik zu spüren ist. Richtig lebendig wird er – genau wie die Musik – allerdings erst bei einer der dynamischen Liveshows der Band: Wenn Jan Zehrfeld zu bunten, drehenden Diskokugeln einen Breakdance hinlegt, wenn sich eine lustige Ansage an die nächste reiht (siehe dazu die zwei Konzertberichte auf unserer Seite) und wenn kollektives Abkrassen, oder, wie die Band auch sagt: „Headbangen mit Köpfchen“ angesagt ist. Kaum zu glauben, dass sie dabei die komplexe Musik ihrer Alben scheinbar mühelos runterzocken.
Nicht zuletzt konfrontiert die Gruppe zwei völlig unterschiedliche Menschenschläge: Metalheads mit langen Haaren und dunklen Shirts mit unleserlichen Bandnamen treffen auf Jazz-Anhänger, die zwar anfänglich ob der großen Härte und Lautstärke des Materials etwas erschüttert sind, aber dann doch – auf ihre Art – mitgehen.
Es ergibt wenig Sinn, den Sound an dieser Stelle weiter zu beschreiben, denn es würde ihm nicht gerecht werden: Alle, die anspruchsvolle Musik mögen, und sich vorstellen können, dass Ralph Siegel mit Iron Maiden zu Blastbeats, virtuosen Soli von Gitarre und Saxophon, messerscharfen Riffs und mühelosen Funk- und Worldmusic-Parts abgeht, sollte sich „Hart Genossen von ABBA bis Zappa“ definitiv auf den Einkaufszettel schreiben – und danach unbedingt ein Konzert von PANZERBALLETT besuchen. Es ist das bisher abwechslungsreichste Werk der Band.
Wertung: 9 / 10