Der 8. Dezember 2004 war ein schwarzer Tag in der Geschichte des Metal – der Todestag von Darrell Lance Abbott: Damals geschah, was wohl niemand für möglich gehalten hätte, nicht einmal im bis an die Zähne bewaffneten Amerika: Ein psychisch gestörter Mann stürmte mit einer Schusswaffe ein Konzert der PANTERA-Nachfolgeband Damageplan und erschoss neben vier anderen Menschen auch Gitarrist Dimebag Darrell.
Was die Süddeutsche Zeitung damals in einem „5 Tote bei Schießerei in Heavy Metal-Konzert“ betitelten 16-Zeiler (dernoch heute an meinem Pin-Brett heftet) als Randnotiz erwähnte, erschütterte die Metal-Welt bis in ihre Grundfesten. Denn Dimebag war nicht nur ein Vollblut-Metalhead und mit diversen Musikern eng befreundet, sondern auch ein Ausnahme-Gitarrist. Umso schöner ist es, zu sehen, dass auch heute, fünf Jahre später, weder Dimebag Darrell noch sein musikalisches Erbe in Vergessenheit geraten sind – Alben wie dem genialen „Far Beyond Driven“ sei Dank.
Das dritte Album nach der Neuausrichtung der Band mit dem legendären „Cowboys From Hell“ weg vom Hair Metal, hin zum härtesten Thrash, den es zu dieser Zeit aufzutreiben gab, ist auch nach heutigen Maßstäben noch außergewöhnlich aggressiv – ein Aspekt, den das Werk zu einem guten Teil Dimebags einzigartigem Gitarrensound zu verdanken hat.
Doch die wahre Stärke von PANTERA im Allgemeinen und „Far Beyond Driven“ im Speziellen liegt in der Vielseitigkeit und dem Abwechslungsreichtum der zwölf Kompositionen: Vom maximal brutalen Einstieg mit „Strength Beyond Strength“, welches dem Hörer gleich zu Beginn die Eier aus dem Sack prügelt, über Groove-Monster wie „Becoming“ bis hin zum Black Sabbath-Cover „Planet Caravan“, das vom sphärischen Ambient-Track zur gefühlvollen Ballade gewandelt wurde und mit dessen fast schon jazzigem Clean-Jam schließlich auch das Album ausklingt, hat „Far Beyond Driven“ alles zu bieten, was das Metal-Herz begehrt – und dabei vor allem eines: Verdammt viel Style.
Geprägt von Dimebags charakteristischem Gitarrenspiel und Phil Anselmos Gesang – einer beeindruckenden Verschmelzung von melodischem und geschrienem Gesangsstil, wie man sie heute am ehesten bei „Randy“ Blythe von Lamb Of God wiederfindet, haben die Songs einen Wiedererkennungswert, von dem andere Bands eine Karriere lang nur träumen können. Typisch sind dabei vor allem die extrem groovenden Riffs („5 Minutes Alone“) des hauptsächlich im Mid- bis Downtempo angesiedelten Materials, sowie „modern“ anmutende Passagen wie eigentlich das komplette „Good Friends And A Bottle Of Pills“… eine abgefahrene, psychodelische Komposition, die bisweilen schon fast an Noise erinnert.
Letzteres lässt es schon erahnen: PANTERA verbinden auf diesem Album düstere, aggressive, teils fast schon verstörend chaotische Kompositionen und extrem eingängige, packende Riffs, so dass das Werk stets auf einem schmalen Grat zwischen abschreckender Unnahbarkeit und mitreißender, energiegeladener Eingängigkeit wandelt. Auf die ersten Durchgänge mag das verschrecken, auf lange Sicht trägt es jedoch entscheidend dazu bei, dass „Far Beyond Driven“ auch nach so vielen Jahren nichts von seinem einzigartigen Charme verloren hat.