Review Pallbearer – Heartless

Als PALLBEARER 2012 ihr Debüt „Sorrow & Extinction“ veröffentlichten, wirkten sie wie aus der Zeit gefallen. Ihr melodischer, sehr langsamer und sehr schwerer Doom weckte Erinnerungen an die späten 70er und frühen 80er Jahre, wobei besonders Brett Campbells Gesang stark an Ozzy Osbourne erinnerte. Dennoch konnte die Band mit einer modernen Herangehensweise an dieses Genre sowie durch Einflüsse aus dem Prog der 80er sowohl Metalfans als auch genrefremde Musikfreunde begeistern. Die vier Musiker aus Little Rock, Arkansas entwickelten sich stetig weiter und versahen ihre zweite Platte „Foundations Of Burden“ mit einem größeren, fast schon auf Stadien schielenden Sound. Mit ihrem dritten Album „Heartless“ präsentieren PALLBEARER Anfang 2017 nun ihr musikalisch abwechslungsreichstes Album. Der doomige Klang früherer Tage ist zwar immer noch als Grundgerüst zu erkennen. Viel wohler fühlt sich die Band auf „Heartless“ allerdings dabei, ihre leidenschaftlichen Melodien stärker im langsamen Prog anzusiedeln und mit Elementen aus Doom und Alternative Rock zu verbinden.

Bereits der Opener „I Saw The End“ weist den Weg: Progrockige Gitarrenläufe und unwiderstehliche Harmonien dominieren das Klangbild, das von drückenden, tonnenschweren Gitarrenwänden getragen wird. Unterstützt wird der warme Klang, der „Heartless“ dominiert, von Mark Learys energetischem Drumming. Auch wenn es nie wirklich schnell wird, ziehen PALLBEARER auf „Heartless“ das Tempo immer wieder an, sodass der Doom-Anteil der Musik wortwörtlich in den Hintergrund rückt. Die Konsequenz dieser musikalischen Entwicklungen spiegelt sich am deutlichsten in „Cruel Road“ wider, das schon beinahe an Baroness erinnert. Die Ähnlichkeiten zu der Band aus Savannah sowie zu Mastodon fallen immer wieder auf. Die Produktion setzt auf einen bassigen, warmen, fast schon wattigen Klang, der allerdings wenig Differenzen zwischen lauten und leisen Momenten zulässt.

Während PALLBEARER auf den ersten beiden Alben auf abstraktere Texte gesetzt hatten, fokussieren sie auf „Heartless“ stärker die triste Realität. In „Dancing In Madness“ zeigt sich diese Tristesse zu Beginn am Einfluss weicher Synthiestreicher und Akustikgitarren, über das sich eine leidenschaftliche Hard-Rock-Solo-Gitarre schmiegt. In der zweiten Hälfte werden die Regenwolken für einen Augenblick zu einem regelrechten Sturm, als dissonante, sludgeig-walzende Gitarren und Shouten übernehmen. Diese eindeutigsten Doom-Momente finden sich auch im Titeltrack wieder, der sich ab der Hälfte zu einem wahren Nackenbrecher entwickelt. Der hochemotionale Abschluss in Form von „A Plea For Understanding“ führt noch einmal alle Stärken vor, die PALLBEARER auf „Heartless“ ausmachen. Da sich die Nummer von der Stimmung allerdings nicht wesentlich von den vorangehenden sechs Stücken unterscheidet, zeigt sich auch eine Schwäche der dritten PALLBEARER-Platte: atmosphärische Stagnation bei musikalischer Abwechslung.

Man kann PALLBEARER vorwerfen, mit „Heartless“ eine poppigere Richtung einzuschlagen. Der schleppende Doom ist einer extrem eingängigen, beinahe schon in herzzerreißenden Harmonien ertränkten Prog-Rock-Ausrichtung gewichen. Die Gitarrenmelodien stellen zwar absolut nichts Neues oder gar Wegweisendes dar und kratzen oft an der Grenze zum Kitsch. Dennoch sind sie prägnant und präzise eingesetzt und nahezu perfekt in das Klangbild eingewoben. Kann diese Eingängigkeit wirklich als Vorwurf gewertet werden? Ist die insgesamt sehr eng umrissene Atmosphäre als Kritik zu sehen oder spricht er nicht eher für ein stimmiges Konzept? Egal, wie man diese Fragen beantwortet: PALLBEARER präsentieren sich auf „Heartless“ als eine gewachsene Band, sowohl technisch als auch musikalisch. Im Jahr 2017 sind die Grabträger eine Rockband, die weiß, wie man wunderschöne Harmonien und Melodien mit der Gewalt einer langsam mahlenden Dampfwalze verbindet.

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Wertung: 8.5 / 10

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