Was für ein fantastisches Cover; wer sich dafür entscheidet, einen Ausschnitt aus Johann Heinrich Füsslis großartigem Bild „Nachtmahr“ für sein Cover zu nutzen und dann auch noch den kleinen grotesken, kauzigen Gnom am Bettende so gekonnt in die Mitte setzt, der darf sich meiner Sympathie gleich zu Beginn sicher sein. Auch wenn es hinsichtlich der Musik fraglich ist, im Bezug auf die Covergestaltung dürften mir die Engländer von OVERDRIVE noch eine Weile in Erinnerung bleiben.
Mit „The Final Nightmare“ veröffentlichen OVERDRIVE nun immerhin Album Nummer fünf; angesichts der Tatsache, dass die Band bereits seit 1977 unterwegs ist, keine berauschende Anzahl, im Vergleich mit so mancher Gruppe aber, die nach Jahrzehnten im Untergrund nur für ein einziges Album wieder ans Tageslicht kriecht, können die fünf Engländer auf eine gewisse Kontinuität verweisen. Eine größere Resonanz blieb der Truppe jedoch verwehrt und trotz des Covers: Auch „The Final Nightmare“ wird an dieser Resonanzlosigkeit nicht allzu viel ändern.
Dabei ist es wie so häufig so, dass das gebotene Material nicht schlecht ist. OVERDRIVE bleiben ihrer zeitlichen Herkunft treu und spielen auf ihrer aktuellen CD groovigen Hard Rock mit kernigen Riffs und starken NWoBH-Anleihen. Vor allem des Keyboards wegen klingen die Briten ab und an wie eine deftigere Version ihrer Landsleute von Uriah Heep. Der Opener „Invited To Hell“ zeigt dann, dass diese Musik immer noch funktionieren und Spaß machen kann, der Song kommt trotz der manchmal etwas saftlosen Produktion knackig daher und versprüht den Charme vergangener Tage. Leider nutzt sich diese musikalische Zeitreise relativ schnell ab. Zumeist liegt das an den etwas einfallslosen Songs selbst, hin und wieder will es aber auch mit dem Gesang nicht so recht klappen (der Refrain von „Twisting My Mind“ hat etwas unleugbar Schiefes). Glücklicherweise gibt es auch noch Songs vom Schlage „Wasted“, die in ihrer Mischung aus kompositorischem Minimalismus, treffender Melodieführung und klassischer, auf Selbstzerstörung gepolter Rock-’n‘-Roll-Attitüde bestens funktionieren.
Mit „Lost On A Mountain“ sowie „Nightwalker“ hat man es zudem geschafft, zwei Songs aufzunehmen, die sich in ihrer eingängigen Gitarrenarbeit wohltuend von den übrigen Songs abheben und so etwas wie eine Langzeitwirkung entfalten. Der Rest kommt hingegen über das Prädikat „durchschnittlich“ kaum hinaus. Verstecken müssen sich OVERDRIVE mit ihrer Leistung auf „The Final Nightmare“ zwar nicht, zumal man der leicht in die Jahre gekommenen Truppe sowohl den Spaß als auch die Lust an der gebotenen Musik anmerkt. Aber um wirklich aus dem Wust an Veröffentlichungen herauszustechen, dafür reicht der leicht angestaubte Sound des Quintetts nicht aus.
Wertung: 6 / 10