Review Orden Ogan – Vale

„Die Wiedergeburt des deutschen Melodic Metal (…) das wahrscheinlich eigenständigste was Deutschland zu bieten hat”.

Mir dreht sich mittlerweile der Magen um, wenn ich diese völlig überzogenen Anpreisungen der eigenen oder der vertriebenen Musik auf jedem zweiten Promozettel lesen muss. Warum die Marketinggenies der Musikvertriebe dennoch daran festhalten und wir Rezensenten wöchentlich die Spitze jedes noch so uninteressanten Subgenres neu besetzten sollen, bleibt mir verschlossen. Eigentlich sollten doch genau diese Jungs Interesse daran haben uns nicht unnötig auf den Senkel zu gehen…

Naja das beruhigende an der Sache ist, dass die vorliegende CD wenigstens im Gegensatz zu vielen anderen, gleich betitelten Scheiben durchaus hochwertig ist, und dieses hohe Niveau ist vom ersten Augenblick an augenfällig. Das sehr schön gestaltete Booklet in dem liebevoll alle Texte eingebunden wurden, enthält zudem gleich zu Anfang auch die ganze hier vertonte Geschichte des Alister Vale, sodass die bei den ersten Durchläufen willkürlich mystisch/kitschigen Texte plötzlich einen roten Faden bekommen – eine sehr schöne Idee wenn auch keine Neue. Unkonventioneller ist da schon die Downloadmöglichkeit eines Begleitcomics auf der Label Website (www.yonah-records.de) – nicht nur hieran ist das viele Herzblut zu sehen, dass bei kleinen Bands und Labels in Veröffentlichungen gesteckt wird und einen CD-Kauf von unbekannteren Bands zu einer viel persönlicheren und bereichernderen Sache werden lassen als die X-te gleichklingende und lieblose Iron Maiden Veröffentlichung.

Der musikalisch Start hingegen ist weniger gelungen: Stimmungsvolle Akustikgitarrenklänge leiten das Labeldebut der jungen Band ein, die nach wenigen Sekunden von atmosphärischen Cellolauten untermalt werden. Als dann allerdings noch sich steigernde Ahhh- und Ohhh-Chöre das Schmalz förmlich aus den Boxen fliesen lassen und nach einer kurzen Pause synthetische Klänge das erste Stück „To New Shores OF Sadness“ einläuten bin ich ebenfalls kurz davor fluchtartig zu neuen Ufern außerhalb der Reichweite meines CD-Players aufzubrechen! Was so abschreckend begann kann sich eigentlich nur steigern und so präsentiert das erste Stück mit seinen treibenden Riffs und dem wirklich großartig getragenen Refrain auch gleich die besten Seiten des Ordens. Und so klassisch wie der Opener endet so opulent setzten die „Winds Of Vale“ ein. Viel Keyboard- und Choreinsatz, dazu ein Touch Hard Rock verleihen dem Stück eine fast fröhliche Atmosphäre, dazu darf sich die Gitarrenfraktion im langen instrumentalen Zwischenteil noch richtig austoben – nicht die angekündigte überschäumende Eigenständigkeit aber sehr individuell umgesetzte herkömmliche Arrangements.

Mit dem dritten Stück schon eine ruhigere Nummer zu bringen ist recht mutig, bei einem derart voll gepackten Album ist es aber natürlich ratsam schon frühzeitig für Abwechslung zu sorgen und dass sich der Refrain – der für meinen Geschmack zwar etwas zu oft wiederholt wird – auch gleich noch so richtig im Gehörgang festsetzt ist sicher auch nicht verkehrt und sinnbildlich für das ganze Album: Statt vertrackter Songstrukturen wird viel Wert auf Eingängigkeit gelegt. Dass trotzdem keine Langeweile aufkommt, sondern auf „Vale“ vielmehr die unterschiedlichsten Facetten von Melodic, Symphonic und Power Metal sowie Hard Rock gekonnt kombiniert werden und teilweise sogar mit leicht progressiven Brisen (wie bspw. in „Reality Lost“) aufgepeppt sind, zeigt die ganze Klasse von ORDEN OGAN. Davon abgesehen gehört eben erwähntes Stück mit seinen fast sieben Minuten zu dem Längsten und absolut Stärksten was der Orden auf „Vale“ anzubieten hat.

Ähnlich überzeugend und progressiv ist das Stück mit dem bezeichnenden Titel „Something Pretending“! Hier kann auch Sänger Seeb der durchweg sehr gute Leistungen zeigt sein ganzes Spektrum an gesänglichem Potential präsentieren und auf ganzer Linie überzeugen. Doch was wäre ein klasse Sänger ohne solche Instrumentalisten? Besonders das rhythmisch sehr interessante Zwischenspiel des Stückes macht deutlich, dass wirklich jedes Mitglied seinen Teil zum Erfolg des Albums beiträgt.

Den Videoclip des nachfolgenden „Lord Of The Flies“ hat der Ein oder Andere vielleicht schon auf der Website der Truppe bestaunt, wenn nicht findet er sich auch nochmals auf der CD wieder. Sicher keine schlechte Wahl dieses recht eingängige Stück vorab bekannt zu machen, gleichzeitig finden sich aber noch deutlich bessere Stück auf der CD die ebenso geeignet wären. Dazu zählt allerdings nicht die abschließende Ballade „The Candle Lights“, die mich zu sehr an peinliche Hammerfall Schmalznummern erinnert und gleichzeitig wieder den Kreis zum auch nicht so gelungenen Auftakt schließt.

Dennoch will ich „Vale“ jedem Fan von Blind Guardian und Konsorten sehr ans Herz legen. ORDEN OGAN sind zwar noch nicht am Ziel, aber klar auf dem richtig Weg und haben Unterstützung verdient! Man bekommt hier für sein mühsam Erspartes deutlich mehr geboten als bei manch etablierter Band, ohne dabei qualitative Abstriche machen zu müssen. Ich freue mich schon auf das nächste Album der Jungs, denn Potential nach oben ist hier sicherlich noch vorhanden. Abschließend stellt sich mir dennoch die Frage wie ORGAN OGAN die Reinkarnation des äußerst lebendigen und aktiven Melodic/Power Metals in Deutschland sein sollen? Auch nach unzähligen Durchläufen ist mir das rein technisch immer noch nicht klar…

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert