Review Onheil – Razor

Es gibt einfach Dinge, wenn man die liest oder hört, dann kann man schwerlich ernst bleiben. Und einige davon kommen aus Holland (auweh, das erinnert mich daran, wie ich mal aus Spaß ein komplettes niederländisches Review gelesen habe, ich hab jedes Wort verstanden, aber es las sich… interessant). Nehmt zum Beispiel das: „We Hebben De Hel Gezien“. Das ist der (ernstgemeinte) Titel der vierten (oder dritten, denn eine wurde nie offiziell veröffentlicht) Demo der niederländischen Schwarzwurzeln ONHEIL (vorher brachten sie auch eine mit dem putzigen Titel „Sterf“ raus). Die haben nach zehn Jahren, fünf Demos, einer EP und einer Single einen Plattenvertrag mit Cyclone Empire abgeschlossen und bringen endlich ihre erste Langrille heraus, der sie auch einen weniger markerschütternden Titel gegeben haben: „Razor“.

Und was treiben ONHEIL auf „Razor“ so? Naja, der Stil, den ihnen der Promozettel (und laut dem auch ein paar US-amerikanische Kritiker) andichtet, liest sich folgendermaßen: „[…] deren Sound gern als Black Metal Version von IRON MAIDEN beschrieben wird“. Auweh, mit großen Namen um sich zu werfen kann ja ganz gerne in die Hose gehen, denn das schürt oft genug Erwartungen, die zu erfüllen ein Ding der Unmöglichkeit (oder wenigstens seeeehr schwer) sein kann.
Aber so weit ab vom Schuss sind ONHEIL mit dieser Beschreibung gar nicht. Nach dem kurzen Intro „Out Of The Darkness It Comes“ geht’s mit „Nemesis‘ Light Fading“ auch direkt vorwärts und ich persönlich bin doch schon ein wenig überrascht von der Qualität, die das Gitarrentrio mit Rhythmusunterstützung hier abfeiert. Ohne jetzt irgendwie andeuten zu wollen, dass ONHEIL klauen würden (das tun sie nämlich nicht), ihr kennt doch sicher alle diese Extreme Metal Bands, die irgend welche bekannten Songs softeren Kalibers covern. Graveworm haben’s hier und da vorgemacht, Children of Bodom, Naglfar auch mal… Und genau an die muss ich beim Opener von „Razor“ denken. „Nemesis‘ Light Fading“ klingt stilistisch ein wenig nach dem „The Evil That Men Do“-Cover von Naglfar. Und das heißt: gar nicht so übel. Technisch anspruchsvolle, flinke Soli, heftiges Tremolo-Riffing, bollernde Double-Bass, das alles ist da, aber es präsentiert eben keinen 08/15-Black-Metal, sondern tatsächlich irgendwo angeschwärzten Heavy Metal.

Und so schnell hören ONHEIL damit auch nicht wieder auf. „As Hope Dies“ führt das Ganze konsequent fort, das geniale „Final Redemption“ setzt sogar noch einen drauf. Ja, es könnte so schön sein. Aber nach dem fulminanten Auftakt ist auch ganz schnell wieder Sense. Und die Sense heißt in diesem Falle „Day Of Departure“.
Das ist nämlich eine so nervige, völlig atmosphärefreie auf Schwarzmetall getrimmte Rocknummer mit leicht orientalischen Einflüssen, dass sich mir persönlich die Fußnägel hochrollen. Ich weiß, das ist eine ziemlich subjektive Sache, aber der Track ist einfach scheiße und macht überhaupt keinen Spaß, sorgt sogar noch dafür, dass die vorher zelebrierten Großtaten einen faden Beigeschmack bekommen.
Wenn anschließend aber der Titeltrack und ganz besonders „Pad Der Verdoemenis“ (doofer Titel, geiles Lied) daher kommen, dann muss man sich doch fragen, ob „Razor“ nicht doch eine gute CD und „Day Of Departure“ lediglich ein einmaliger Ausrutscher war. Kaum zu Ende gedacht, schon steht „Penetration Of Innocence“ auf der Matte. Eingeleitet durch ein ziemlich bedrömmeltes Pornosample setzen ONHEIL sich hier wieder gezielt in die Nesseln, bieten nerviges Riffing, ärgerliche Strukturen und einen Text jenseits von Gut und Böse. Kostprobe? Okay: If I say fuck you fucking fuck/If I say suck you fucking suck. Was haben wir gelacht.

Da ist es irgendwie nur noch der Tropfen auf dem heißen Stein, dass ONHEIL sich anschließend mit „Rain Of Fire“ (heftiges Introriff und echt coole Lead-Parts) und „From Above“ qualitativ sehr ordentlich ins Trockene retten, „Razor“ ist ein Album der verschenkten Möglichkeiten. Selten ist es mir passiert, dass wenige schlechte Songs viele gute derart verderben können, „Day Of Departure“ und „Penetration Of Innocence“ machen die CD in regelmäßigen Abständen zu einer so nervtötenden Angelegenheit, dass man damit mehr schlecht als recht Spaß haben kann. Dazu kommt noch eine ärgerliche Sache, die ONHEIL sich wohl mit dem Vergleichsmaterial, nämlich den Black Metal Covern, teilen dürfen: heftige Abnutzungserscheinungen. Ein paar mal ist das Zeug auf „Razor“ sehr nett, macht viel Laune, aber es hört sich echt schnell tot.
So weiß ich jetzt nicht genau, ob ich eine Empfehlung aussprechen soll oder nicht, jeder Interessierte sollte auf jeden Fall mal reinhören. Hoffen wir, dass ONHEIL die Klopser auf ihrer nächsten CD ausmerzen.

Wertung: 5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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