Review Ofdrykkja – A Life Worth Losing

  • Label: Avantgarde
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Black Metal

Na also, es gibt sie noch, bislang unbekannte Bandnamen, die auf den ersten Blick von sämtlichen Klischees befreit sind. OFDRYKKJA ist so einer, es handelt sich um eine geheimnisumwitterte Truppe aus dem mittleren Ostschweden, durchaus innerhalb der Zivilisation also. Die Übersetzung aus dem Altnorwegischen bedeutet so viel wie „hart saufen“, dafür haben Skandinavier bekanntermaßen ein Händchen. Genauso wie für mitunter ungewöhnliche Musik. Hier ist die Band an sich aber schon außergewöhnlich ungewöhnlich, denn der dritten Auflage des Debüts „A Life Worth“ Losing liegt ein 28-seitiges-A5-Textbuch bei. Dieses enthält neben Bildern und Texten auch medizinische und polizeiliche Berichte über die Bandmitglieder. Interessant, interessant.

Beim ersten Durchlauf stutzt der Hörer. Kann das ernst gemeint sein? Nun ist depressiver Black Metal ohnehin schon nicht gerade massenkompatibel, was OFDRYKKJA mit „A Life Worth Losing“ abliefern, gleicht aber einer wahren Spurensuche. Am Anfang fragt man sich, ob man eher lachen, sich wundern oder beides soll. Die Platte könnte auch unter dem Stichwort „Neues vom Märchenonkel“ laufen, denn gesungen wird eher weniger. Sprechgesang im Stile von Dimmu Borgirs „For All Tid“-Intro „Det Nye Riket“ ist Programm. Dazu mächtig Hall und aus einem vermeintlich klischeefreien Bandnamen wird Musik, die vor selbigen nur so trieft.
Aber ganz ehrlich, das ist richtig cool. Fast gegen den Willen des Hörers wird die Scheibe mit jedem Durchlauf besser, auch die teilweise seltsamen Arrangements wissen zu gefallen. So wird scheinbar mitten im Satz bzw. Riff ein Gitarrenpart abgewürgt und aus dem Nichts tauchen ambiente Klänge von Keyboard oder Klavier auf. Ebenso der weibliche Gesang, der sich hier und da unter die Geschichtenerzählerei mischt, wird von Mal zu Mal interessanter.
Tempomäßig ist die Truppe tendenziell im unteren Midtempobereich unterwegs. Selten geben OFDRYKKJA mal Gas und wenn, dann sind es eher lockere Double-Bass-Einlagen als Blast-Beat-Attacken. Aber die Band würde sich untreu, wenn sie dies nicht an ausgewählten Stellen unterbrechen würde. Die Schreie (wenn man es überhaupt noch so nennen kann), die Fronter Pessimisten (der auch unter dem Pseudonym C9H13N bekannt ist) dann von sich gibt, lassen einem wahrlich das Blut in den Adern gefrieren. Man wage sich nur an „Under My Influence (Guided To Damnation)“ heran…
Beinahe überraschend gut ist die Produktion. Natürlich scheppert und rumpelt es gerade aus Richtung der Schießbude, aber im Großen und Ganzen kann man zumindest mit Kopfhörern die einzelnen Instrumente schon voneinander unterscheiden, da haben andere Überzeugungstäter größere Herausforderungen parat gehabt.

Und so ist „A Life Worth Losing“ von OFDRYKKJA ein tatsächlich kurzweiliges Album geworden. Das Konzept zu erschließen, ist vermutlich ein Ding der Unmöglichkeit und so bleibt beispielsweise der Hustenanfall in „I Skuggan Av Mig Själv“ ein Rätsel. Aber darum gucken wir ja auch alle gerne Tatort und so, ein wenig Spurensuche, wie eingangs versprochen, macht doch auch mal Spaß.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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