Review Oceans Of Slumber – The Banished Heart

(Doom Metal / Progressive Metal / Extreme Metal) Vor ziemlich genau zwei Jahren, tauchte quasi aus dem Nichts diese Band auf, die auf unvergleichliche Weise Progressive, Doom, Black und Death Metal sowie Post-Rock vermischte und sie mit dem unverwechselbaren, gefühlvollen Frauengesang verdelte. „Winter“ heißt jenes Album der Formation OCEANS OF SLUMBER aus Texas, von der hier die Rede ist. Ein Album, das durch seine melancholischen und emotionalen Melodien und Riffs Genre-Fans im Sturm eroberte und die Fachpresse begeisterte. Entsprechend sehnlichst wurde der Nachfolger „The Banished Heart“ erwartet, der nun erneut über Century Media erschienen ist.

Wer sich allerdings auf eine Fortführung dieses Stils gefreut hat, wird möglicherweise (wie schon durch das unerträglich kitschige Cover-Artwork angedeutet) enttäuscht sein. Von all den Genre-Elementen, die sie noch auf „Winter“ einsetzten, haben sich die Musiker bei Album Nummer drei 90er Jahre Doom und Death Metal herausgepickt und eine Art Hommage-Album an diese Musik geschaffen. Das bekommen sie tatsächlich auch sehr gut hin: In Songs wie dem schwermütigen „The Decay Of Disregard“, dem mit messerscharfen Death-Metal-Riffs ausgestatteten „At Dawn“, dem groovigen „Etiolation“ oder dem verspielten „A Path To Broken Stars“ gelingt der Band der Spagat zwischen diesen beiden Genres problemlos. Und dennoch macht sich hier im Vergleich zum Vorgänger die Mutlosigkeit bemerkbar, mit der OCEANS OF SLUMBER schon Dagewesenes lediglich reproduzieren und ihm einen neuen Anstrich verpassen.

War „Winter“ noch von einer ganz eigenen, gleichermaßen tieftraurigen und hoffnungsvollen Stimmung durchzogen, weicht diese auf „The Banished Heart“ bleierner Schwere, wie man sie aus dem Doom Metal schon bestens kennt. Das alles funktioniert an sich auch wunderbar, aber es fehlen dadurch wirkliche Highlight-Momente, die in Erinnerung bleiben. Gerade Cammie Gilbert, die auf „Winter“ unzählige herzergreifende, sich sofort in den Gehörgängen festsetzende Gesangsmelodien fand, wirkt hier wie eine eher lustlose Erzählerin, die mit fast schon beliebig und zufällig wirkenden Tonabfolgen irgendwie zwar nach schönen Melodien zu suchen scheint, sie aber in ihrer Ziel- und Orientierungslosigkeit nicht findet. Lediglich im famosen Titeltrack, der auch zweifellos das gelungenste Stück des Albums darstellt, erreicht das Quintett im genialen, eingängigen Outro für einen kurzen Augenblick jene Brillanz, die „Winter“ so herausragend machte.

Ansonsten spielt sich die Band aber in über einer Stunde Laufzeit überwiegend durch solide Ideen, von denen zwar keine misslungen, aber eben auch nur wenige wirklich exzellent sind. „Fleeting Vigilance“ etwa zieht sich mit seinen schleppenden Riffs ziemlich. „No Color, No Light“ ein Doom-Duett mit Evergrey-Vokalist Tom Englund erinnert dagegen unschön daran, wie furchtbar kitschig 90er-Jahre-Doom häufig war. Viel besser funktioniert dagegen beispielsweise die gelungene Neuinterpretation des Gospels „Wayfaring Stranger“ aus dem frühen 19. Jahrhundert. Mit sparsam, aber gezielt eingesetzten Ambient- und Industrial-Elementen gelingt OCEANS OF SLUMBER hier einer der atmosphärisch dichtesten Momente des ganzen Albums. Jene Gospel-Einflüsse sind auch im nicht weniger schönen „Howl of the Rougarou“ erkennbar, das sich vom sanften, akustischen Dark-Country-Stück zum brachialen Post-Black-Metal-Track steigert. Hätte die Band mehr derartige Versuche gewagt, wäre die Platte wohl wesentlich spannender ausgefallen.

„The Banished Heart“ ist also leider nicht das ersehnte Meisterwerk geworden, das man sich nach dem großartigen Vorgänger „Winter“ erhofft hat. Zu sehr verlassen sich OCEANS OF SLUMBER auf Altbekanntes und können diesem durch ihren Versuch, die Bausteine neu und überraschend sperrig untereinander anzuordnen, letztlich zu wenig Neues hinzufügen. Und doch merkt man zu jeder Sekunde, mit welch fantastischen Musikern man es hier zu tun hat, die ihre Lieblingsgenres bestens studiert und verstanden haben. Als Hommage-Album ist „The Banished Heart“ sehr gelungen, als eigenständiges Werk aber „nur“ gut und zufriedenstellend. Hoffentlich wagt sich die Band nächstes Mal doch noch mal ein paar Schritte weiter nach vorne statt zurück.

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Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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