Review Obituary – Dying Of Everything

  • Label: Relapse
  • Veröffentlicht: 2023
  • Spielart: Death Metal

OBITUARY. Seit dem Erscheinen des Debüt-Abums „Slowly We Rot“ im Jahr 1989 sind die Florida-Death-Metaller die perfekte Band für einen anstrengenden Tag voller anstrengender, unangenehmer oder schlichtweg nervender Menschen. Einfach nach Hause kommen, die Tür hinter sich zuknallen und eine Platte wie eben „Slowly We Rot“, „World Demise“ oder auch das starke Comeback-Album „Inked In Blood“ aus dem Jahr 2014 auflegen, und die mächtigen Riffs sowie John Tardys megamäßig angefressen klingenden Vocals richten es schon wieder. Für alle, die sich bereits im Januar 2023 von was auch immer abreagieren müssen, sind OBITUARY abermals zur Stelle, und zwar mit ihrem neuen und elften Album „Dying Of Everything“.

So optimistisch, erbaulich, lebensbejahend und euphorisch wie ihr Titel klingt dann auch die Musik der Platte. Jedes Riff, jedes Solo, jeder Breakdown und jeder Drum-Schlag klingt nach maximaler Angepisstheit, nach viel Zorn und Wut – möglicherweise ja auch auf das aktuelle und wahrlich nicht allzu motivierende Weltgeschehen. Das schlägt sich zum Teil durchaus auch in den Titeln und Texten nieder. Ging es bei OBITUARY früher vormalig um Tore zur Hölle, um Leichensäcke oder auch mal um in zwei Hälften geteilte Körper (oder man unterbreche kurz oder beende seine Mahlzeit, die möglicherweise beim Lesen dieses Reviews eingenommen wird, und googele dann nach dem appetitlichen „Inked In Blood“-Cover…), gibt es hier etwa mit „War“ eine Nummer, welche das titelgebende Thema behandelt, das aktueller leider nicht sein könnte. Da bedarf es auch nicht allzu vieler Worte, um die Botschaft zu vermitteln – letztlich schlagen die zu Beginn gesampelten abgefeuerten Schüsse ebenso ein wie die tonnenschwer stampfenden und dabei gekonnt rhythmischen Riffs.

An diesem und vielen weiteren Songs wird ein Element deutlich, durch das sich das ansonsten sehr stiltreue „Dying Of Everything“ von manch anderer Platte der Death-Band unterscheidet: Zum größten Teil sind die Songs sehr langsam gehalten, wirkliche Geschwindigkeitsausbrüche gibt es nur vereinzelt („By The Dawn“ wäre solch ein Vertreter, der das Gaspedal mal etwas stärker betätigt, ohne sich jedoch gleich für die Überholspur auf dem Highway zu qualifizieren). Für diese sind OBITUARY nun ohnehin nicht berühmt, als stilistische Eigenheit des Albums, vor allem nahezu auf die Gesamtlänge hin betrachtet, macht es sich aber bemerkbar. Das muss man natürlich mögen, und man könnte einwenden, dass sich das Album so in eine gewisse Monotonie verläuft. Tatsächlich ist es, ob der geringen stilistischen Abwechslung, relativ egal, ob man den kurzen und knackigen Opener „Barely Alive“ oder den schwer groovenden Titeltrack heranzieht. Alle Songs sind aber nicht nur stilistisch, sondern auch qualitativ auf einer Wellenlänge und verdeutlichen so auch, dass OBITUARY ihr Handwerk nach wie vor beherrschen. Fast unnötig zu erwähnen scheint es, soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass John Tardy auch Jahrzehnte nach dem Debütalbum noch immer über ein mächtiges Organ verfügt und Vocals zum Besten gibt, die viel eher an Thrash Metal als an typische Death-Growls erinnern. Das macht ihn sicher zu einem der besten und markantesten Sänger des Death-Metal-Genres, und auch „Dying Of Everything“ profitiert massiv hiervon. Insbesondere „Weaponize The Hate“, wo er nochmal eine Extraportion Gift und Galle in seine Vocals legt, oder der bereits erwähnte Opener mit tief vorgetragenem, nahezu schon gegrowlten Refrain, legen Zeugnis über seine gesanglichen Qualitäten ab.

Nein, in Partylaune zeigen sich OBITUARY auch auf ihrem elften Album nicht gerade. Dafür bereitet die Musik an sich umso mehr Freude, denn die Gruppe legt mit „Dying Of Everything“ erneut ein Vorzeigealbum vor. Damit gelingt OBITUARY ein frühes Highlight des neuen Jahres für den Metal an sich, und insbesondere im Bereich des Death Metal dürfte sich aktuell kaum etwas vergleichbar Starkes wie „Dying Of Everything“ finden lassen.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Pascal Weber

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