Review Oberon – Aeon Chaser

Vierzehn Jahre lang war es um den Norweger Bard Oberon still gewesen – bis der Einzelkünstler 2014 mit dem irgendwo zwischen Neofolk, Darkwave und Rock angesiedelten „Dream Awakening“ zu Prophecy Productions zurückkehrte. Das Comeback sollte mehr als nur ein letztes Aufflackern vor dem Erlöschen sein, denn mit „Aeon Chaser“ veröffentlicht der „Gnostic-Rocker“, der sein Soloprojekt inzwischen zu einer ganzen Band umstrukturiert hat, ein weiteres Album. Wie bereits auf dem Vorgänger unterscheidet sich die Stilistik auch auf Album Nummer sechs deutlich von der der Frühwerke – nur die romantisch-spirituellen Texte scheinen in etwa denselben Themen gewidmet zu sein.

Der vormals so präsente Neofolk lässt auf „Aeon Chaser“ erst mal recht lang auf sich warten. Simple, kräftige Rock-Beats, im Tremolo-Stil gespielte E-Gitarren und enthusiastischer Gesang begrüßen den Hörer auf dem Opener „Omega“ und auch im sehnsüchtig-schwelgenden Gothic-Track „To Live To Die“ verzichten OBERON zugunsten verschwommener Distortion-Sounds und Piano weitgehend auf akustische Saitenklänge. Neofolkig wird es eigentlich nur im schmeichelweichen, mit beschwingten Tribal-Rhythmen unterlegten „Worlds Apart“ und im daran anschließenden, verschroben-mysteriösen „Laniakea“, für das höchstwahrscheinlich „Sonnenheim“ von Of The Wand And The Moon Pate gestanden hat.

Es überwiegen folglich die nach vorn treibenden Rock-Nummern („The Secret Fire“), in denen sich die akustischen Töne lediglich im Hintergrund abspielen, wo sie sich den Platz außerdem mit kühlen Wave-Keyboards teilen müssen. Im abgründigen, tief dröhnenden „Black Aura“ lassen OBERON sogar die Grenze zum Industrial Metal hinter sich, ehe das Album zum Ende hin einen Kurswechsel in Richtung Darkwave („Brother Of The Order“) und Neoklassik („The Magus Of The Dunes“) nimmt. Es ist offensichtlich, dass hier kein Song wie der andere klingt und doch wirkt keiner davon im Gesamtbild falsch aufgehoben. Auch aufgrund dieser Vielfältigkeit hat jedes einzelne Stück ein ganz eigenes Charakteristikum und geht mühelos ins Ohr.

Dass „Aeon Chaser“ wohl trotzdem nicht als das Magnum Opus in die Diskografie von OBERON eingehen wird, ist letztlich darauf zurückzuführen, dass man der Platte zu deutlich anmerkt, dass sich die Band bisher nicht allzu viel im Rock aufgehalten hat. Die drängenderen Kompositionen sind eher Sparflamme als Flächenbrand und Oberons zarte Stimme geht im Trubel etwas verloren.

In seinen feinfühligeren, zum Teil sogar recht ungewöhnlicheren Momenten ist „Aeon Chaser“ ein wunderbar stimmungs- und geistvolles Album – hier sind OBERON ganz in ihrem Element. Auch für den Mut, nicht einfach nur dort weiterzumachen, wo die Norweger zur Jahrtausendwende aufgehört hatten, gebührt dem Quartett einiges an Respekt. Allerdings hätten OBERON ihrer neu entdeckten Liebe zu kraftvoller Gitarrenmusik ruhig noch beherzter nachgehen können. „Black Aura“ zeigt in dieser Hinsicht, dass in einigen der anderen Tracks noch etwas mehr möglich gewesen wäre. Alles in allem gibt „Aeon Chaser“ dennoch genügend Grund zur Freude, dass das Comeback der „Gnostic-Rocker“ nicht nur eine einmalige Sache war.

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Wertung: 7 / 10

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