Review Nightrage – Wearing A Martyr´s Crown

Marios Iliopoulos ist echt eine arme Wurst. Der Exilgrieche versucht jetzt schon seit Jahr und Tag in Götheborg Fuß zu fassen und jedes Mal, wenn Ex-Exhumation-Klampfer mit seiner Band NIGHTRAGE ein neues Album in die Läden bringt, stehen die Zeichen ganz gut, aber irgend was kam bislang immer dazwischen. Nach dem dritten Album „A New Disease Is Born“ war es das Abspringen der kompletten Bandbesetzung, so dass er sich erst mal einen Haufen neuer Mitstreiter zusammen suchen musste, ehe er sich an die Aufnahmen der nächsten Langrille machen konnte. Mittlerweile ist das Quintett wieder ein solches (also vollzählig) und die neue CD ist auch schon im Kasten. Der Titel: „Wearing A Martyr’s Crown“.

Marios und seine Mannen tragen jetzt also eine Märtyrerkrone. Woran erkennt man eine solche? Naja, wahrscheinlich daran, dass sie vorher schon mal jemand trug, der den Märtyrertod starb. Und genau das ist auch hier der Fall. Nachdem die Kollegen von In Flames eben dies in qualitativer Hinsicht schon vor einigen Jahren taten, fanden NIGHTRAGE jetzt wohl die Kopfbedeckung der großen Vorbilder und schlossen darauf hin nahtlos an CDs wie „Clayman“ oder „Colony“ an. Wobei das Gerüchten zufolge ja immerhin schon eine Veränderung im Hause NIGHTRAGE ist, ich hörte den Vorgänger nicht, aber da soll wohl der Metalcore regieren.
Damit ist hier Sense, die neue Mannschaft der schwedischen Nachtwut feiert knappe 52 Minuten lang Melodeath ab, wie er im Buche steht. Auf der einen Seite ist das natürlich ein Vorzug, denn das Meiste hier klingt kompetent, die Riffs sind ohrwurmig und machen nicht zu knapp Spaß, manche Lieder ballern ordentlich, allerdings wurden auch Verschnaufpausen (wie am Anfang von „Abandon“ oder dem coolen „Mocking Modesty“) eingestreut, so dass hier nicht zu gleichförmig gekocht wird. Die Scheibe ist variabel genug, um den Hörer bei der Stange zu halten und gefällige Stellen findet man theoretisch in jedem einzelnen Stück. Andererseits ist diese „By the numbers“-Variante des Melodic Death Metals allerdings… äh… genau das. Wie aus dem Lehrbuch abgeschrieben, das da namentlich tatsächlich die mittelalten In Flames sind. Dynamik, Melodieführung, pathetische Emo-Texte, ja sogar der Klargesang von Antony Hämäläinen weckt (für mich persönlich recht grausige) Erinnerungen an Anders Fridens Gewinsel.

Das eigene Gesicht fehlt einfach. Innovationen, eigene Ideen, von mir aus einfach nur irgend ein individuelles Gimmick, wie Diabolical es mit dem Streichquartett vormachten, oder NIGHTRAGE selbst auf ihrer ersten CD, als sie den großen Tom Englund für Klargesang verpflichteten (übrigens meiner Meinung nach das Einzige, was die Band bis dato erwähnenswert machte), aber all das gibt’s auf „Wearing A Martyr’s Crown“ nicht und das ist schade, denn das Potential der Band ist gar nicht so gering. Die Musikfraktion ist fitt an ihren Instrumenten und Antonys extreme Gesangslagen machen auch Freude.
Was jetzt aber im Endeffekt nicht heißt, dass „Wearing A Martyr’s Crown“ eine schlechte CD ist, ich würde sie sogar leicht überdurchschnittlich nennen. Denn obwohl hier eigentlich nichts geboten wird, was man nicht schon kennt, so sind doch ein paar verdammt nette Songs mit an Bord. „Mocking Modesty“ zum Beispiel, oder gleich der dritte Track, das flotte „A Grim Struggle“, das im Refrain ein paar supergeile Hooklines zu bieten hat. Auch der epischere Rausschmeißer „Sting Of Remorse“ kann über weite Strecken was (in der zweiten Hälfte verschenkt er einiges, weil die Band plötzlich auf die Idee kommt, College-Rock zu spielen, aber gut, wenn sie denn wollen) und wie gesagt: Eigentlich findet sich in so gut wie jedem Track irgend etwas, was man mögen kann, wenn man will.

Irgend welche Preise werden NIGHTRAGE mit ihrer vierten CD „Wearing A Martyr’s Crown“ freilich nicht gewinnen, dafür ist das alles zu gesichtslos und austauschbar, aber am Ende des Tages kommt doch ein unterhaltsames, weitestgehend schmerzfrei konsumierbares Album raus, in das Freunde des Genres bedenkenlos reinhören können, im Falle von „A Grim Struggle“ sogar dringend angehalten sind, es mal zu tun. Ansonsten bleibt zu der CD wohl nur noch zu sagen: kann, muss aber nicht.

Wertung: 6 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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