Vor etwa zwei Jahren begeisterte eine bis dahin weitgehend unbekannte Band mit dem Album Within The Darkness Between The Stars viele Freunde von dunklem Ambient-Stoff über folkloristische Klänge bis hin zu kaltem Black Metal. NHOR, eher ein Ein-Mann-Projekt aus den britischen Midlands, können zwar auf eine längere Historie zurückblicken, aber so richtig Tuchfühlung mit der Hörerschaft nahmen sie erst 2013 auf. Jetzt steht mit „Momentae Quintae Essentiae“ eine neue Platte bereit, die sich einer hohen Messlatte stellen muss.
Dabei ist es schwer, einen Vergleich zu ziehen, denn NHOR 2015 unterscheiden sich fundamental vom Vorgänger und orientieren sich wieder an der Frühgeschichte. Und das bedeutet im Wesentlichen strikt reduzierte Musik, die im Prinzip nur aus Pianoklängen, Akustikgitarren und ganz gelegentlichen (Ah-) Gesängen besteht. Wobei man auch diese schon mit der Lupe suchen muss, erst nach knapp zehn Minuten kommen zum ersten Mal Vocals zum Einsatz und diese halten dann weder lange an, noch haben sie allzu bald ein Comeback parat. „Momentae Quintae Essentiae“ gibt sich also vor allem wortkarg, das ist angesichts der in Latein gehaltenen Titel vielleicht auch ganz gut so, zumindest für das Nervenkostüm des Texters.
Wichtiger ist aber ohnehin wie so oft die Musik und die ist anspruchsvoll in jeglicher Hinsicht. Gemeinhin wird dieses Adjektiv oft verwendet, wenn man sich selber als Freund gewisser Klänge bezeichnet und sich so einer vermeintlichen Elite angehörig fühlt. NHOR ist aber mehr als das, die acht Stücke sind tatsächlich so schwer zugänglich, dass der Stempel bestens passt. Weder die vier kürzeren Lieder, noch die vier mit mehr Spielzeit entwickeln sich besonders rasch, die Eingängigkeit wird vollkommen ausgespart. Doch woran liegt es, überfrachtet sind die Songs, die in der Regel aus nur einem Instrument und ziemlich wenigen Tönen bestehen, nun wahrlich nicht. Sicherlich sind die Strukturen nicht leicht zu entschlüsseln, ebenso stürmen die Melodien nicht jubelumtost ins Ohr. Es ist einfach so, die Musik plätschert erstaunlich unemotional dahin und das, obwohl sich durchaus größere Meister als Referenz finden lassen.
Denn wenn man NHOR im Allgemeinen bzw. „Momentae Quintae Essentiae“ im Speziellen mit anderen vergleichen will, dann fallen einem spontan zwei isländische Künstler ein: Einmal wäre dies Ólafur Arnalds, dessen Instrumentalbeiträge auf verschiedenen Heaven-Shall-Burn-Veröffentlichungen ein heimliches Vorbild für die Piano-Streicher-Arrangements (z.B. „Sic Praterit Nox“) zu sein scheinen. Und dann natürlich die Post Rocker Sigur Rós, die man in den beschwingteren Klavierläufen wiederzuerkennen meint.
Aber sonst? Viel können NHOR nicht vom Schwung der angesprochenen 2013er-Veröffentlichung mitnehmen. Langweilig wäre ein zu hartes Attribut, aber viel fehlt nicht. „Momentae Quintae Essentiae“ ist zwar auch nicht belanglos, aber insgesamt doch zu inhaltsleer, um nur ansatzweise so zu überzeugen wie der Vorgänger. Sicher ist der kommende Winter keine schlechte Jahreszeit für die relaxten Klänge, aber auch dafür gibt es wesentlich besser geeignetes Material. Schade, eine Veröffentlichung, der man mit Spannung und Vorfreude entgegen sah, entpuppt sich als leider nur durchschnittliche Veröffentlichung.
Wertung: 5 / 10