Review Netherbird – Into The Vast Uncharted

Melodic Black Metal und Melodic Death Metal teilen sich nicht nur ihre namensgebende, im Gegensatz zu anderen Metal-Genres deutlicher ausgeprägte Melodik, sondern auch ihr Ursprungsland: Schweden. Während im Black Metal Dissection mit ihren ausgefeilten Tonfolgen als Vorreiter anzusehen sind, wird Göteborger Metal dank Bands wie In Flames und Dark Tranquillity mitunter sogar als Synonym für Melo-Death verwendet. Man könnte also sagen, dass die stilistisch zwischen den beiden Genres wandelnden NETHERBIRD einen gewissen Heimvorteil haben. An großen, schwedischen Namen mangelt es dem Sextett jedenfalls nicht. So hat auf ihrem fünften Album „Into The Vast Uncharted“ erstmals Neuzugang Fredrik Andersson (This Ending, ehem. Amon Amarth) die Drums eingespielt und das Mastering wurde von niemand Geringerem als Dan Swanö übernommen.

Erfreulicherweise ist es jedoch nicht nur die hochkarätige Besetzung, deretwegen der Nachfolger des 2016 veröffentlichten „The Grander Voyage“ die Aufmerksamkeit der Melodic-Death-/Black-Metal-Hörerschaft verdient. NETHERBIRD mögen mit „Saturnine Ancestry“, das mit seinem epischen Oldschool-Tremolo-Riffing und seinen treibenden Double-Bass-Drums die besten Tugenden des Genres in sich vereint, den stärksten Track gleich an den Beginn des Albums gestellt haben, ihr Pulver verschießen die Schweden damit jedoch keineswegs zu früh.

Die übrigen Songs der rund 37 Minuten langen Platte sind nahezu genauso mitreißend wie der fulminante Opener – Schwachstellen gibt es schlichtweg nicht. Dies, obwohl (oder vielleicht gerade weil) sich die Band auf „Into The Vast Uncharted“ – entgegen der Implikationen des Albumtitels – im Grunde genommen nie weit von ihrem bewährten Grundsound wegbewegt. Mal musizieren NETHERBIRD einen halben Song lang ausschließlich akustisch („Eventide Evangel“), mal wird ein Stück von nebulösen Clean-Gitarren eingeleitet („Lunar Pendulum“), im Großen und Ganzen bleiben die Skandinavier jedoch bei dem, was sie kennen und offensichtlich auch können.

Für ausreichend Abwechslung in Tempo und Rhythmus ist stets gesorgt, die Bandbreite der Arrangements reicht von mysteriös-ahnungsvoll über aufbrausend-schwungvoll bis hin zu orkanartig-intensiv und insbesondere in den Leads und Soli reihen NETHERBIRD durchwegs zueinander passende Töne aneinander. Stimmig eingebettete Details wie etwa erhabene Backing-Chöre und verheißungsvolle Glockenklänge („Nexus Of Unlight“) geben zudem Grund zu der Annahme, dass die Band hier nichts dem Zufall überlassen hat, sondern mit einem klaren Ziel an das Songwriting herangegangen ist. Wer bei Musik zuallererst nach Eigenheiten sucht, findet diese auf „Into The Vast Uncharted“ am ehesten noch in Nephentes Vocal-Performance, klingen seine giftigen Screams und kräftigen Growls doch fast schon eher geflüstert, was ihnen einen dezent geheimnisvollen Touch verleiht.

Ausgehend von dem ersten Eindruck könnte man durchaus versucht sein, NETHERBIRD den im Metal-Underground allzu oft benötigten „Alles-schon-mal-gehört“-Stempel aufzudrücken und ihr fünftes Album als überflüssig abzutun. Derart gekonnt umgesetzt wie auf „Into The Vast Uncharted“ findet man den Mix aus todesbleierner Härte, pechschwarzer Atmosphäre und klassischer Heavy-Metal-Melodik aber doch nur ziemlich selten. NETHERBIRD haben hiermit eine Sammlung von Tracks kreiert, die auf Anhieb zünden und bis zuletzt nicht ausbrennen, sich gut einprägen und darüber hinaus hervorragend definiert klingen – von einer mittelmäßigen Amateurproduktion kann hier beileibe nicht die Rede sein. Wer also nicht unbedingt nach der nächsten, großen Metal-Sensation, sondern schlicht und einfach nach guter Musik sucht, ist hiermit hervorragend beraten.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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