Wann immer ein Ex-Mitglied einer Band mit einem eigenen Projekt ein neues Album herausbringt, welches sich schon in der Selbstbeschreibung an das Schaffen der ehemaligen Arbeitgeber anzuheften versucht, macht das zunächst etwas skeptisch. Benedikt Willnecker ist der Ex-Live-Bassist der aufstrebenden deutschen Black-Metal-Nachwuchshoffnung Der Weg einer Freiheit und hat nun mit NEGATIVE SYMBOLS sein Soloprojekt gestartet. „Without Voices“ ist sein Debüt, das laut eigener Aussage aus Frustration über die Arbeitsweise in traditionellen Bandstrukturen entstanden ist und „die Grenzen des Black Metal“ sprengen soll.
Hört man ein paar Minuten in das Album rein, starrt man nur verdutzt immer wieder auf diese letzte Aussage im Pressetext. „Without Voices“ ist, man kann es leider nicht anders sagen, lediglich eine mäßig gelungene Kopie der Arbeit seiner Ex-Band geworden. Die Grenzen des Black Metals sprengen? Fehlanzeige. Wie bei Der Weg einer Freiheit besteht auch bei NEGATIVE SYMBOLS die Musik überwiegend aus schnellen Blastbeats und Doublebasspassagen, über die durchgeschraddelte Melodien und Akkordteppiche gelegt wurden. Leider gelingt es Willnecker mit seinem Projekt dabei eher selten, wirklich packende Momente zu kreieren. Die meiste Zeit wabern die Songs ohne Struktur, konkretes Ziel und sinnvollen Aufbau vor sich hin. Seine Melodien sind zwar weder banaler noch komplexer als die von Der Weg einer Freiheit – deren Ideen er mehr als einmal beinahe kopiert – oder anderen Post-Metal-Bands wie beispielsweise Deafheaven, jedoch gerade in diesem Punkt zeigen sich dann doch massive Unterschiede im Gespür für eingängiges Songwriting. Von den neun Songs auf „Without Voices“ bleibt auch nach wiederholten Durchläufen kaum ein Moment im Ohr. Die Melodien und Harmonien sind zwar nicht direkt schlecht, aber angesichts der großen Masse derartiger Gruppen in diesem Genre leider so beliebig wie austauschbar und schwimmen umher, ohne jemals die Aufmerksamkeit des Hörers für sich gewinnen zu können.
Auch das billige, monotone, höchstwahrscheinlich programmierte Schlagzeug stellt keine Konkurrenz für das ebenso hyperpräzise, aber dabei stets passend akzentuierte Spiel eines Tobias Schuler (Der Weg einer Freiheit) dar. Darüber hinaus geht das trotz ständiger Aufteilung in Melodie- und Akkord-Gitarre durchgehende Links-Rechts-Panning der mäßig sauber aufgenommenen Saitenfraktion vor allem auf Kopfhörern schon nach kurzer Zeit gewaltig auf die Nerven und kommt der Platte daher ebenfalls nicht gerade zugute.
Der Ansatz, Post-Metal rein instrumental zu halten, ist wahrlich nicht neu, jedoch merkt man auch hier, dass im Vergleich zu anderen Bands mit dem Gesang eine wichtige emotionale Komponente fehlt, die NEGATIVE SYMBOLS sicher geholfen hätte, erinnerungswürdigere Stellen zu erschaffen. Dass Willnecker die einzige verbleibende Möglichkeit, den Hörer in eine bestimmte Richtung zu lenken, nämlich Songtitel, komplett ungenutzt lässt und die Stücke schlicht mit römischen Zahlen durchnummeriert, offenbart sich daher auch als Fehlentscheidung.
Immerhin können ein paar der Stücke wenigstens stellenweise überzeugen. Das Lied „III“ hält einige gefällige Momente parat, ebenso kann das darauffolgende Interludium die Songs passend und stilvoll verbinden. Zwar gefällt keiner der Songs durchgehend, aber immerhin findet man hier und da ein paar Stellen, die durchaus schön gemacht sind. Ansonsten begeht Willnecker aber überwiegend die gleichen Fehler wie viele andere Post-Rock-Vertreter auch. Nur weil man auf monotone Gitarrenmelodien viel Hall und Delay legt, werden sie noch lange nicht emotional oder ergreifend. Nur weil man strikt im klassisch harmonischen Songwriting bleibt, klingt das alles nicht automatisch schön und leicht zugänglich.
Wenn „Without Voices“ für eine Sache gut ist, dann ist es die, dass es all den Kritikern von Post-Black-Metal-Formationen wie Der Weg einer Freiheit, die dieser Truppe langweiliges, liebloses, plattes Songwriting vorwerfen, zeigt, wie die Musik der Würzburger klingen würde, wenn diese Vorwürfe tatsächlich zuträfen. NEGATIVE SYMBOLS‘ Debüt mag zwar so ziemlich alle Black-Metal-Kiddie-Youtube-Versuche hinter sich lassen, von der Qualität vieler bekannterer Bands in diesem Genre ist das Soloprojekt aber noch weit entfernt. Wenn das Ganze wirklich funktionieren soll, dann müssen nächstes Mal ausgefeiltere Melodien, ein sinnvolles Konzept und vor allem eine bessere Produktion her.
Wertung: 4 / 10