Review Ne Obliviscaris – Citadel

Volle Punktzahl für ein Debüt, das ist Fluch und Segen zugleich, denn einerseits ist es ein Ritterschlag, andererseits eine Messlatte, die es erstmal wieder zu erreichen gilt mit der nachfolgenden Veröffentlichung. Und nachdem es den Australiern von NE OBLIVISCARIS mit ihrem ersten Album „Portal Of I“ (2012) tatsächlich gelungen ist, die Presselandschaft der Musikszene in schirre Aufregung zu versetzen, wird ihre aktuelle Full-Length „Citadel“ eben genau an diesem Aufruhr gemessen – selten dürfte das zweite Album einer Band für eine solche Erwartungshaltung gesorgt haben wie das von NE OBLIVISCARIS.

Die offizielle Übersetzung des lateinischen Bandnamens lautet „nicht vergessen“ und kann als klare Aufforderung an den Hörer verstanden werden, denn „Citadel“ sollte definitiv nicht vergessen werden! Obgleich progressivem Metal oftmals der Makel des zu schwierig, zu überladen und zu wenig greifbar anlastet, umschifft das Sextett spielerisch leichtfüßig diese Hürden. Nicht etwa, weil NE OBLIVISCARIS aufgehört haben, technisch anspruchsvolle Musik zu spielen, sondern weil sie diese geschickt eingängig präsentieren. Zeit und Ausdauer fordert dieses Album ebenso sehr wie „Portal Of I“, aber eben wie dieses Debüt überzeugt auch „Citadel“ als ins sich geschlossenes Werk, dessen Übergänge zwischen den verschiedenen Motiven ebenso harmonisch wirken wie die zwischen den sechs Songs.

Das, was die Australier in dem in drei Teile unterteilten Song „Triptych Lux“ an Innovation und Spielkunst bieten, ist mehr als manche Künstler auf einer Handvoll Alben zeigen können. Einzig und allein die Violine rückt sich einige Male zu sehr in den Vordergrund, denn ob man es nun als extravagantes und raffiniertes Spielen oder als unmelodisches Quälen des Instrumentes bezeichnen möchte – ihre Auftritte sind so einnehmend, dass sie den Hörfluss torpedieren könnten.

Dieser beiläufige Wehmutstropfen soll aber über die folgende Tatsache nicht hinwegtäuschen: Erstaunlicherweise schaffen es NE OBLIVISCARIS ihr bemerkenswertes Debüt tatsächlich mit einem Nachfolger ähnlich guter Güte zu beerben. „Citadel“ könnte der Meilenstein einer Band sein, die seit Jahren sukzessive von Album zu Album auf ein solches Können hinarbeitet, welches auf dieser Veröffentlichung zu hören ist, stattdessen ist es aber erst das zweite Full-Length von Ende Zwanzigjährigen, die augenscheinlich in der Lage sind, im Zwei-Jahres-Takt Alben von solcher Stärke auf den Markt bringen zu können. Unglaublich, was uns erwartet, wenn die Herren 2024 Ende dreißig sein werden und ihr womöglich siebtes Album in den Startlöchern stehen wird!

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Wertung: 9 / 10

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