Review Nathan Gray – Working Title

NATHAN GRAY besitzt eine der eindringlichsten und markantesten Stimmen im Post-Hardcore, seien es seine heiseren Schreie oder seine sehnsüchtigen, hohen melodischen Gesangseinlagen. Neben seiner Tätigkeit als Sänger bei Boysetsfire hat er sich auch immer wieder als Solokünstler versucht. Nach seinem emotionalen, von akustischen Tönen getragenen Soloalbum „Feral Hymns“ und bejubelten Solo-Tourneen geht NATHAN GRAY auf seinem neuen Album „Working Title“ den Schritt zur Bandkonstellation, was sich musikalisch extrem auszahlt. Auch textlich schlägt der sympathische Musiker ein neues Kapitel auf.

Sowohl musikalisch als auch inhaltlich ist der Weg zu „Working Title“ durch die gesamte Solodiskografie von NATHAN GRAY nachvollziehbar. Während sein früheres Nebenprojekt The Casting Out musikalisch am nächsten an „Working Title“ sind, waren die Texte dieser Band düster und negativ. Die Solo-EP „NTHN GRY“ war elektronisch angehaucht und versprühte eine fast schon bedrohliche Atmosphäre, was auch für das im Industrial verankerte „Until The Darkness Takes Us“ gilt, das unter dem Namen Nathan Gray Collective veröffentlicht wurde. „Feral Hymns“ war schließlich eine zerbrechliche, tieftraurige und doch wunderschöne Bestandsaufnahme eines Musikers, der den harten Weg zu sich selbst finden musste. Mit NATHAN GRAYs Ansagen auf den Livealben in Verbindung mit seinen motivierenden und lebensbejahenden Posts auf Instagram und Facebook waren schließlich keine Fragen mehr offen, und der Weg für das positive „Working Title“ frei.

Der Opener „In My Defense” startet straight indierockig und fast schon punkig – musikalisch sicherlich nicht hochkomplex, aber in seiner Intensität und positiven Einstellung fast schon überwältigend. Diese musikalische Richtung schlägt NATHAN GRAY immer wieder ein, sei es im ähnlich strukturierten „No Way“ oder dem etwas getrageneren, dabei aber nicht weniger leidenschaftlichen „Working Title“, das von Chuck Ragan am Gesang unterstützt wird. Einige der schnelleren Songs ähneln sich sowohl strukturell als auch musikalisch, was allerdings aufgrund des Melodiegespürs von NATHAN GRAY nicht weiter ins Gewicht fällt.

Während diese komplett in Dur gehaltenen poppigen Rocksongs „Working Title“ dominieren, finden auch nachdenkliche, oft akustische Mid-Tempo-Momente ihren Weg auf die Platte. Dabei sind vor allem das sehnsüchtige „Still Here“ sowie das von Cello und Klavier getragene „Refrain“ hervorzuheben. Im Gegensatz dazu gerät „What About You?“ allerdings musikalisch recht beliebig und auch wenn es intensiv ist, bleibt das akustische „Mercy“ nicht nachhaltig in Erinnerung.

Ein wahres Highlight hat sich NATHAN GRAY allerdings zum Schluss aufgehoben: „Down“ klang auf seiner ersten Solotour noch bitter und fast schon nihilistisch, ist aber in dieser Fassung eine absolut positiv klingende atheistische Bestandsaufnahme, die das Hier und Jetzt feiert. NATHAN GRAY hat sich spätestens mit „Working Title“ zu einem eigenständigen Solokünstler entwickelt, der seine musikalischen Flügel auch in Zukunft neben dem Hardcore ausbreiten wird.

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Wertung: 8 / 10

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