2000 legten Nasum mit „Human 2.0“ ein Album vor, das im Grindcore-Bereich seinesgleichen suchte. Drei Jahre darauf steht mit „Helvete“ der Nachfolger in den Plattenregalen und es hat sich einiges getan. Denn wo auf dem Vorgänger noch gerne ein Speedbolzen nach dem anderen reingehauen wurde, tritt man jetzt vermehrt auf die Bremse und schreibt Abwechslung ganz groß. Ob das jetzt allerdings das ist, was man hören will, darf in Frage gestellt werden, denn wer will schon Midtempo und Melodien hören von einer Band, die man für ihre Brachialität und zügellose Power schätzt? Nunja, darauf werde ich später noch genauer eingehen.
Aber Nasum wären natürlich nicht Nasum, wenn das Album nicht mit einem kurzen „Nach-vorne-los“-Brecher gestartet wird. Dieser trägt den Namen „Violation“ und dauert 40 Sekunden, wie man das gewohnt ist. Auch „Scoop“ geht mitten auf die zwölf, das allerdings nur die erste Minute, während die zweite Hälfte eher schleppend ist und das Lied auch so ausklingt. Und da wären wir schon zur ersten merklichen Neuerung im Sound der Band. Denn brutal sind sie immer noch, allerdings nicht mehr ganz so schnell und ungezügelt wie sonst. Durch das allzu häufige drosseln des Tempo werden die Songs allesamt länger und auch für Normalsterbliche erträglich, verlieren aber gleichzeitig auch etwas an Power. Die einzigen Stücke, wo wirklich durchgeknüppelt wird, sind „Drop Dead“, „Go!“, „Slaves To The Grind“, „Your Words alone“ und das genial megacoole „Whip“, bei dem die Bassspur von Shane Embury von Napalm Death eingespielt wurde. Und das hört man auch, denn der Song ist trotz seiner Härte ein Groovemonster erster Kajüte und für mich eines der absoluten Highlights der Scheibe.
Der Rest der Lieder ist ein Mix aus alten und neuen Tugenden, wobei hier auch Melodie groß geschrieben wird. Das fördert zwar einen gewissen Wiedererkennungswert, doch büßt einiges an Brutalität ein. Und doch bringt diese neue stilistische Vielfalt einige sehr schöne Songs hervor, wie die beiden vor Spielfreude und melodischen Hooks nur so strotzenden „Relics“ und „Breach Of Integrity“. „Stormshield“ könnte man fast als heimlichen Nachfolger von „Shadows“, des Überhits von „Human 2.0“ ansehen und steht zudem noch auch genau auf Platz 4. Leider hat sich in meinen Augen auch die eine oder andere Füllnummer ins Material eingeschlichen, was allerdings nicht weiter schlimm ist. Schade ist meiner Meinung nach auch, dass Anders Jakobson ganz auf seine tiefen Shouts verzichtet, die auf dem letzten Album doch sehr cool eingesetzt wurden und auch noch ausbaufähig waren.
„Helvete“ ist ein weiteres gutes Album aus dem Hause Nasum, lässt aber leider einige Merkmale vermissen, für die ich die Band so schätze. Das Artwork ist wirklich spitze geworden, genauso wie die Produktion, die vielleicht nur ein bißchen dreckiger hätte ausfallen können. Abschließend kann ich trotz einiger Kritikpunkte auch dieses Album wieder allen empfehlen, die gerne etwas Extremeres auf die Ohren haben möchten. Die ganz Harten, die wirklich nur Rumgebolze haben wollen, könnten aber so ihre Probleme mit „Helvete“ haben. Einfach mal reinhören, denn es lohnt sich auf jeden Fall.
Wertung: 8 / 10