Tjaja, diese Sache mit den Genre-Schubladen ist wirklich immer mal wieder für einen Lacher gut. Der Promozettel zur neuen Scheibe der griechisch-deutschen Kapelle MYSTIC PROPHECY zum Beispiel sieht mit seiner knallroten Farbe und der fettgedruckten Anrede „Metaller!“ nicht nur aus wie ein Flugblatt der IG Metall, sondern will mir auch noch verklickern, dass die Band „Dark Heavy Power Metal“ spielt. Ja ne, is klar!
Auch wenn die Bezeichnung wirklich mindestens so hanebüchen klingt wie die Forderungen der GDL nach 31% mehr Lohn, muss ich doch gestehen, dass sie erstaunlich gut zutrifft. MYSTIC PROPHECY spielen nicht den mittlerweile vielerorts verhassten Eunuchenmetal, sondern haben richtig dicke Eier und lassen sich gut mit Bands wie Metalium vergleichen. Düster geht es hier in der Tat zu, und heavy klingen mindestens 95% der Riffs, während der Quotengrieche Liapakis mit seinem im oberen Mittelfeld des Tonspektrums angesiedelten Gesangsorgan den Powermetal-Anteil beisteuert. Also ist die krude Genrebezeichnung zumindest nachvollziehbar, mag sie auch albern klingen.
Interessant zu sehen und deutlich zu erkennen ist die musikalische Entwicklung der Band: „Regressus“ von 2003 war schon ziemlich hart für eine Power Metal-Scheibe, teilweise fast ein wenig thrashig, bei „Never-Ending“ wurde ein Jahr später ein Schuss Weichspüler zugesetzt; zwar gab es immernoch die harten Nummern, doch auch viele Midtempo-Stücke mit hymnischen Refrains waren zu finden. Zu „Savage Souls“ kann ich leider nichts sagen, doch durch die Lücke von drei Jahren zwischen „Never-Ending“ und dem neuen Output „Satanic Curses“ wird der Sprung noch deutlicher: Der Härtegrad wurde deutlich nach oben geschraubt, man höre nur die Riffs in „Evil of Destruction“ oder „Damnation“, und zu diesem Eindruck trägt die fast schon verboten fette Produktion einen großen Teil bei, immerhin ist der Mixer Fredrik Nordström auch bei In Flames und HammerFall beschäftigt. Meine Fresse! Dagegen klingt die „Never-Ending“ ja schwachbrüstig wie ein Asthmatiker im Roggenfeld. Neben der Extraportion Druck gibt es noch einen Bombast-Zuschlag (ausgelöst durch die Produktion und häufig eingesetzten mehrstimmigen Gesang), der sich besonders in den Refrains auswirkt und diesen ungeahnten Schwung verleiht, ein gutes Beispiel ist „Dark Forces“, das live wohl als absoluter Nackenbrecher dienen dürfte. Zum Glück wird über die Spielzeit auch Abwechslung geboten, zumindest in der Dynamik der Songs; die Band hat einen sehr charakteristischen Klang, den sie auch nur höchst selten verändert auf diesem Album.
Als Zugabe zu den 10 regulären Liedern gibt es ein Cover. Nachdem auf „Regressus“ schon Manowar („Fighting the World“) und Iron Maiden („Sanctuary“) dran glauben mussten, hat es nun Black Sabbath erwischt – MYSTIC PROPHECY verwursten „Paranoid“. Sakrileg! Eigentlich ist dieser Song doch unantastbar. Und so wirklich begeistert mich das Cover auch nicht; es ist halt das Original auf MYSTIC PROPHECY gemünzt. Nicht wirklich originell, schade. Solide ist es aber trotzdem. Erwähnt sei auch das stilvoll-apokalyptische Coverbild, das sehr zu gefallen weiß.
Das ganze Album strotzt nur so vor Energie und Kraft. MYSTIC PROPHECY haben sich seit (der nichtsdestotrotz sehr guten) „Never-Ending“ noch ein ganzes Stück weiterentwickelt und sind, wie ich gerne zugebe, eine Band, die man als „Dark Heavy Power Metal“ einordnen kann, sofern man Spaß an solchem Schubladengerödel hat. Fans von Metalium dürfen sich hier, sofern sie MYSTIC PROPHECY nicht eh schon kennen, über Powermetal-mit-Eiern-Kost freuen und bedenkenlos zugreifen und die Band darf sich über einen runden Achter für ihr neues Werk freuen.
Wertung: 8 / 10