Die Finnen von MYGRAIN legen mit dem selbstbetitelten „MyGrain“ ihr mittlerweile drittes Studiowerk vor. Der Vorgänger „Signs Of Existence“ wusste mich bereits stellenweise zu begeistern, verstanden es MYGRAIN doch dort, einige äußerst geniale Synthesizer-Melodien in temporeichen und groovenden Songs zu verarbeiten. Zwei Jahre hat es nun gedauert, bis der Nachfolger auf dem Tisch liegt, am Line-Up hat sich in der Zwischenzeit nichts verändert.
Im Prinzip gibt es zu MYGRAIN bezüglich ihrer Musik erstmal nicht viel Besonderes zu sagen: MeloDeath mit viel Keyboard, manchmal leicht episch anmutenden Gesangslinien, treibenden Rhythmen, dynamischem Clean-Growl-Wechselspiel bei den Vocals, durch und durch schwedischen(/finnischen) Gitarrenriffs, nichts, was man nicht schonmal gehört hätte. Doch das ist bei vielen Bands so, wichtig ist für mich eher die Frage, ob „MyGrain“ einen eigenen Wiedererkennungswert hat. Die Antwort darauf lautet ganz klar: Ja! Denn alle Songs auf dem Album sind klar durchstrukturiert, melodisch und abwechslungsreich. Die nötige Portion Aggressivität hat das Album ebenfalls, sülzige Halbballaden oder ausufernde Gesangspassagen sind Fehlanzeige. Weiterhin sind es sehr coole Soli („Shadow People“, „Into The Parallel Universe“), dezente und stets äußerst stimmige Keyboard-Flächen (Vor allem „Dust Devils And Cosmic Storms“ ist hier hervorzuheben), wie auch die für meine Begriffe sehr guten Songwriting-Qualitäten der Finnen, welche gemeinsam mit den üblichen Melodic Death-Zutaten für ein schmackhaftes Gesamtpaket sorgen. Aber auch Core-Elemente sind im Sound enthalten: Das kommt im eben schon erwähnten „Dust Devils And Cosmic Storms“ und besonders im Opener , der mit einem getappten Riff startet, hervor.
Shouter Tommy könnte genauso gut für Soilwork oder In Flames am Mikro stehen, sein Geschrei ist facetten- und abwechslungsreich , er meistert aber auch die mitunter schwierigen Gesangspassagen mit einer Eleganz, die der von Björn Strid in nichts nachsteht. „Trapped In An Hourglass“, das Highlight auf „MyGrain“, vereint alle angesprochenen Elemente auf erfreuliche Weise: Eine Keyboard-Melodie, für die „Ohrwurm“ gar keine Bezeichnung mehr ist, toller Gesang, abwechslungsreiches Schlagzeugspiel, Double-Bass-Gebretter, Groove ohne Ende – hier ist alles enthalten. Da kann ich auch darüber hinwegsehen, dass die Synthies in der Strophe einem alten Sonic Syndicate – Song recht nahe kommen.
Mit 55 Minuten hat „MyGrain“ außerdem eine Länge, die viele Releases, auch die der schwedischen Genre-Vorreiter, blass aussehen lässt. Natürlich geht Qualität vor Quantität, beides zusammen ist aber noch besser. Bis auf die ersten 45 Sekunden von „Cataclysm Child“ – hier klingt das Keyboard wie auf einer Chillout-Dreams-CD – gibt es nichts, was mir sauer aufstößt: „MyGrain“ wird auch nach vielfachem Hören nicht langweilig, selbst dann fallen immer neue Kleinigkeiten auf. Das Album hat einfach alles, was eine starke MeloDeath-Platte ausmacht und kann es aus meiner Sicht definitiv mit allem aufnehmen, was sich momentan in dieser Richtung auf dem Markt befindet.
Wertung: 9 / 10