Review My Dying Bride – The Angel And The Dark River

  • Label: Peaceville
  • Veröffentlicht: 1995
  • Spielart: Doom Metal

Fünf Jahre, drei Alben. Wenn ich diese Bilanz bewerten müsste, dann würde ich sagen „Geht“. Auf jeden Fall dauerte es nach ihren beiden Schnellschüssen „As The Flower Withers“ und „Turn Loose The Swans“ (die ja nur ein Jahr auseinander lagen) sage und schreibe zwei Jahre, bis die Briten MY DYING BRIDE mit neuem Material um die Ecke kamen. Kurz danach brachten sie quasi zum Ausgleich zwar noch die Scheibe „Trinity“ heraus, aber das waren ja nur Neuaufnahmen von altem Demomaterial (und ich denke immer noch, dass es ziemlich doof von mir war, eben diese Demos noch mal zu kaufen, obwohl ich „Trinity“ schon längst daheim hatte, aber ich bin nun mal ein unverbesserlicher Fanboy), also heißt die dritte Langrille von MY DYING BRIDE „Die Angel und der dunkle Fluss“ (sorry, aber dieser dämliche Kalauer spukte mir seit den vorletzten Semesterferien im Kopf rum, in denen ich mit einem Longsleeve von eben dieser CD im Lateinunterricht saß und an NICHTS ANDERES denken konnte, also musste der jetzt einfach mal raus…), ich meine „The Angel and the Dark River“.

Und erneut werden uns sechs Tracks mit Überlänge um die Ohren gehauen, soweit keine große Neuerung, aber mal wieder ist irgendwie irgend etwas anders im Hause MDB. Jawoll ja, nachdem sich diese Entwicklung auf dem Vorgänger „Turn Loose The Swans“ schon andeutete, entfernen die Briten sich hier noch weiter von ihren Death Metal Wurzeln, tatsächlich nimmt Aaron jetzt ausschließlich mit Klargesang Vorlieb, wenn ich mich nicht verhört haben sollte, dann growlt er auf der ganzen CD gar nicht mehr in der Landschaft herum. Das Wechselspiel zwischen heftigen und ruhigen Passagen war für mich zwar immer das Faszinierendste an der Musik der Düstermänner, aber wenn ich mich auf ein Extrem festlegen müsste, das mir besser gefallen sollte, dann sind’s doch wohl eher die gemäßigteren Aspekte mit dem schnieken Klargesang, von daher also ganz in Ordnung.

Mit der Abkehr vom Death Metal entsteht im Soundbild von MY DYING BRIDE aber eine Lücke, die irgendwie gefüllt werden will. Oder nicht? Ja, doch, irgendwie schon, aber dann auch wieder mehr schlecht als recht. Denn mit dem Zurückschrauben des Todesbleis geht eine neuerliche Entdeckung des Doom Metals, der Monotonie, aber auch des geradezu romantischen Gothic Metals einher. Nie vorher erlebte man die Briten so gemäßigt, so „ruhig“, so, leidvoll. Die Texte der Songs „A Sea to Suffer in“ und „From Darkest Skies“ sprechen da eine ziemlich eindeutige Sprache.

Aber wie schon erwähnt ist da noch etwas anderes in der Musik, nämlich eine Monotonie, die man so vorher nicht kannte. Für Doom Metal Verhältnisse hatten die Briten sich vorher immer noch recht versiert aus der Affäre gezogen und waren nur selten wirklich lange auf ein und demselben Riff herumgeritten, plötzlich wird mit „The Angel and the Dark River“ alles anders. Das geht schon beim zwölfminütigen Opener „The Cry Of Mankind“ los, der während seiner ganzen Spielzeit zwar die eine oder andere dynamische Modulation durchläuft, aber nur sehr selten eine melodische. Den Höhepunkt erreicht die Chose aber wohl bei „Two Winters Only“, einem handlichen Neunminüter, der aus sage und schreibe zwei verschiedenen Riffs besteht. Klingt gewagt, ist es auch.

Faszinierenderweise ist der Song aber einer meiner absoluten Lieblinge von MDB. Dadurch, dass sich auf der CD musikalisch nicht gar so viel tut, kann das Hauptaugenmerk wohl auf Aarons Vocals liegen und die haben sich im Gegensatz zu „Turn Loose The Swans“ noch ein Stück gesteigert, noch mehr Emotionen finden Platz in seinem Gesang, noch mehr spürt man ihn Eins werden mit seiner Musik und mit dem Leid darin. Die Leistung des Mannes ist wie immer einfach nur der helle Wahnsinn und dürfte allen Leuten, die ein Faible dafür haben, eine ganze Menge Spaß bereiten.

Allerdings hat der Eine oder Andere es sich wohl schon gedacht, „The Angel and the Dark River“ ist – vor Allem durch seine Sperrigkeit – absolut kein einfaches Album. Sechs Tracks sind drauf (zusammen knapp 53 Minuten) und alle sind extrem lang und ziemlich monoton geraten. Das macht die Scheibe noch viel mehr als die meisten anderen MDB-Alben zu einer, auf die man sich einlassen muss, für die man Zeit braucht. Und nicht nur, um sich erst mal hineinzuarbeiten, sondern für jeden einzelnen Hördurchlauf. Die Scheibe hat einfach keinen coolen, kurzweiligen Song (auch nicht für MDB-Verhältnisse), den man einfach mal so nebenbei durchlaufen lassen könnte, sie verlangt Aufmerksamkeit und wird dadurch zu einem sehr intensiven Erlebnis für die eher ruhigeren Stunden, aber gleichzeitig auch zu einem Album, das in gewissen Augenblicken einfach gar nicht geht.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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