Review Moongarden – Songs From The Lighthouse

Die italienische Progband MOONGARDEN ist eine der sträflich missachteten Underground-Juwelen der Szene: Ihr eigenständiger Stil zeichnet sich durch eine große Bandbreite an Einflüssen aus: Neben klassischem Neoprog und gelegentlichen Ausflügen in Retroprog-Gefilde, ist der Fünfer spätestens seit seinem letzten Studiowerk „Round Midnight“ auch offen für moderne und frische Sounds aus dem New Artrock und Pop. In den vier Jahren, die zwischen der aktuellen und der letzten Veröffentlichung liegen, hat die Band allerdings massive Umbesetzungen hinnehmen müssen. Ein neuer Sänger, ein neuer Gitarrist und ein neuer Schlagzeuger musste her. Von der Originalbesetzung, mit der die Kapelle vor 14 Jahren an den Start ging, ist somit nur noch Keyboarder Cristiano Roversi übrig, dem nunmehr die die Ehre zufällt, mit dem neuen Sänger Simone Baldini Tossi das Songwriting zu übernehmen.

Vorab sei schonmal gesagt: Der Inhalt dieser Scheibe ist viel besser als ihre Verpackung! Das allzu kitschige Coverartwork wird der stilvollen und emotionalen Musik so gar nicht recht und nimmt den Albumtitel „Songs From The Lighthouse“ wohl etwas zu wörtlich.

Musikalisch hingegen ist (fast) alles im grünen Bereich: Auf den Hörer prasseln haufenweise geniale Melodien und Arrangements ein, die allerdings in manchem Moment von übertriebenem Pathos und Breitwandsound niedergedrückt werden. Der Opener „My Darkside“ startet atmosphärisch und futuristisch, wird dann aber ins Hier und Jetzt gebeamt und entwickelt sich zu einer ganz netten Nummer mit einer packenden, atmosphärischen Strophe, auf die leider ein unheimlich uninspirierter, nervtötender Refrain folgt, der nur aus den zwei titelgebenden Wörtern besteht. „It’s You“ startet als verträumter Atmo-Pop-Track, leidet aber im späteren Verlauf unter den oben beschriebenen Übertreibungen. Leider ist das Hauptproblem der Scheibe, dass oftmals geradezu geniale Ideen durch unpassende oder qualitativ nur durchschnittliche Parts entwertet werden. Viele Songs hätten sogar das Potential, Szeneklassiker zu werden, wären sie nur konsequenter durchkomponiert. Das perfekte Beispiel: Das stellenweise unfassbar geniale „Solaris“, bei dem die einzelnen Parts zwar überzeugend sind, aber nicht so recht einen sinnigen 13-Minüter ergeben wollen.

„That Child“ wird von „The Tangent“-Sänger und Chefdenker Andy Tillison mit Gesang veredelt und sticht aus den bisherigen Songs deutlich positiv heraus: Eine tolle Ballade, die direkt in das nicht weniger gelungene „Flesh“ übergeht. Als habe Tillison bei dieser Nummer mitgeschrieben, klingen die Italiener hier nur durch seinen Gesang sehr nach The Tangent. Der Mittelteil des Albums bietet die stärksten Songs: Insbesondere das nun folgende „Dreamlord“ ist einfach fantastisch: Hier werden hypnotische Soundflächen gewebt, hier erlebt der Hörer schlüssiges Songwriting und Gänsehautmelodien. Einer der besten Progtracks des Jahres, topmodern und gleichzeitig mit Remiszenzen an die klassischen Vertreter des Genres. Fantastisch, wie scheinbar mühelos die Band hier die Progmusik verschiedener Jahrzente zu einem schlüssigen Ganzen zusammenfügt. Eine locker-flockige Akustiknummer mit Hitpotential ist „Southampton Railroad“. Einfach schön und veredelt mit großartigem Gesang. Überhaupt passt Simone Baldini Tosi hervorragend zu MOONGARDEN und macht seine Aufgabe mehr als amtlich.

Mit „Sonya In Search Of The Moon (Part 5)“ liefert die Band eine Fortsetzung der Reihe, die auf dem 1995er Album „Brainstorm Of Emptiness“ zu finden war. Auch hier begeistert wieder der völlig natürliche Übergang von synthetischen, neuartigen Soundscapes zu klassischen Progstrukturen und Sounds aus den Achtzigern. Ganz nebei entwickelt der Instrumentalsong eine erstaunliche emotionale Tiefe. „The Lighthouse Song“ ist dann wohl soetwas wie der Titeltrack des fünften Longplayers von MOONGARDEN. Eine nachdenkliche, aber mitreißende und tiefgehende Komposition, die klar zu den Highlights der Platte gehört und durch vielfältige Stimmungen von leise bis laut zu überzeugen weiß. Wieder einmal gelingt den Jungs hier ein schlüssiger Track.

Fazit: „Songs From The Lighthouse“ ist ein zweischneidiges Schwert: Die Scheibe besticht durch eine hohe Ideendichte und eine enorme Bandbreite an Sounds aller Jahrzehnte der anspruchsvollen Rock- und Progmusik. Das sorgt zwar für Abwechslung innerhalb der Songs und auf dem Album, lässt aber gelegentlich auch den roten Faden vermissen. Außerdem halten manche Songs kompositorisch nicht, was sie anfangs versprechen. Ansonsten: Ein schönes, sehr emotionales Stück Musik.

Wertung: 7.5 / 10

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