Über die jüngere polnische Death/Black Metal-Szene hat sich der Kollege Grütz gerade schon mit seinen Kritiken zu den neuen Alben von Magnus und Non Opus Dei ausgelassen. Daher kann man nicht ganz ohne Vorbehalte an das nächste Gespann aus dem Hause Witching Hour gehen, welches sich MOON nennt.
Diese existieren nun schon seit 1996, zunächst als Nebenprojekt von Ex-Vader-Drummer Doc und Christ Agony-Bandkopf Cezar, wobei sie zwischen 1999 und 2009 kein Lebenszeichen von sich gaben. „Lucifer’s Horns“ ist nun das dritte Album und das erste des aktuellen Jahrtausends. Angesichts der Vorgängertitel „Daemon’s Heart“ und „Satan’s Wept“ (damals soll es wohl mal symphonisch mit Keyboard und so zugegangen sein) könnten kühne Lyriker gar auf ein Konzept schließen, wenn es ein solches gibt, möchte ich es aber wahrscheinlich gar nicht wissen.
Erstaunlich, dass auch in heutigen Tagen der Antichrist noch so oft als Identifikationsfigur für Schwarzprügelkapellen herhalten muss. Doch tatsächlich wird der gute alte Höllenfürst auf „Lucifer’s Horns“ bemerkenswert oft angerufen. Sowas ist an sich zwar für einen guten Sound weder förderlich noch hinderlich, deutet aber zumindest schon an, dass wir es hier nicht mit verkopftem Avantgarde-Kram zu tun haben.
Tatsächlich klingt „Lucifer’s Horn“ über weite Stellen einfach langweilig. Ja, auch diese Band sollte nicht verleugnen, dass es in den zehn Jahren ihrer Pause ein paar Bands – auch aus Polen – gegeben hat, die derartiges Death/Black-Geholze schon mal und vor allem schon besser unter die Leute gebracht haben. Da helfen auch Akustikgitarren-Einsätze oder Standard-Soli nichts: Die Riffs sind öde, der Gesang ist fade, das Drumming lockt keinen Hund hinterm Ofen hervor. Darüber hinaus unterscheiden sich die Stücke untereinander kaum, so dass einen höchstens der Einsatz der Muttersprache bei „Zwiastowanie Ognia“ aufhorchen lässt.
Erst ab „The Book Of Fire“ kommt ansatzweise sowas wie Stimmung auf, und in der zweiten Hälfte des Albums verirrt sich immer mal wieder eine ordentliche Passage auf den Silberling. „The Semen Of Ye Old One“ (Geil auch, dass so konsequent der „altertümliche“ Artikel eingesetzt wird!) ist sogar mal ein ganz passabler Song, der sich von Anfang bis Ende ganz gut anhören lässt – nichts jedoch, was allein den Kauf von „Lucifer’s Horns“ rechtfertigen würde.
Ihr Lieben MOON, du liebe polnische Extreme Metal-Szene, irgendwas läuft da verkehrt. Ist denn jenseits von Oder und Neiße alles so kompliziert, dass keine Zeit mehr für vernünftiges Songschreiben bleibt? Ich bin sicher, dass es genügend Beispiele gibt, die dazu in der Lage sind, das Gegenteil zu beweisen, aber offenkundig ist das, was Witching Hour am „Glory Day“, dem 15. September, loslässt, eine recht traurige Momentaufnahme der heimischen Szene.
Wertung: 3.5 / 10