Cover Artwork des Albums Fasornas Tid der Band Mörk Gryning

Review Mörk Gryning – Fasornas Tid

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2024
  • Spielart: Black Metal

Irgendwo in Norwegen oder Schweden – in einer mittelgroßen Stadt mit bravem Bürgertum – muss es einen Stammtisch geben. Dort treffen sich recht sympathische Herren in der Mitte oder gegen Ende ihrer Dreißiger, um über ihre „wilde“ Jugend zu reden oder das aufregende Studium in der großen Stadt. Die langen Haare sind schon längst abgeschnitten und man verträgt auch das Bier nicht mehr wirklich, zumal die Plauze…aber lassen wir das. Mittlerweile hat man Frau, Kinder und einen Bausparvertrag, aber Junge, cool war es doch damals, in den Bars in Oslo und Black Metal, ja Black Metal haben wir gespielt, nicht wie die Spießerstudenten Diskurspop, pfui bäh!

Das ist ein einladender Zirkel, und vielen von uns geht es genauso. MÖRK GRYNING wären Stammgäste an diesem Tisch irgendwo zwischen Polarkreis und Hypothek. Die 1993 in Stockholm gegründete Band durchschritt den Werdegang vieler ähnlicher skandinavischer Gruppierungen seit den mittleren und späten 90ern. Nach einer das Genre nicht revolutionierenden, aber anerkennend aufgenommenen Frühphase gemäß der BM-Standards („Tusen År Har Gått…“, 1997) folgte um das Millennium eine Persönlichkeitskrise, die sich in experimentellen, modernistischen Klängen entlud („Pieces Of Primal Expressionism“, 2003). Danach lange Stille und eine wohlwollend aufgenommene Rückkehr 2017 („Hinsides Vrede“). Die Band hat sichtlich Spaß, die alten Fans ebenso, neue sind dazugekommen. Man nennt sich immer noch voller Überzeugung „Draakh Kimera“ und „Goth Gorgon“.

Und tatsächlich gibt es an „Fasornas Tid“ wenig auszusetzen außer eben den wahrscheinlich unvermeidlichen Lauf der Zeit und sein Ergebnis: Nette Jungs spielen Musik von Früher. Die schwedischen Melodien ihrer Landsmänner Dark Funeral und Dissection prägen von Beginn an die Gitarrenarbeit („The Seer“ und das nachfolgende „Tornet“ bilden die Richtung ab, in die sich das Album entwickeln wird), dazu wird ordentlich gekeift. Blastbeats, Skankbeats, viel Doublebass und die Trigger ganz am Anschlag: Auch hinter der Schießbude klingt alles wie früher. Refrains lassen sich prima mitschreien; der experimentell-stückige Songaufbau der „progressiven“ Phase gehört der Vergangenheit an. Mit „Before The Crows Have Their Feast“ wird es rockiger und punkiger, den ein wenig Abwechslung muss sein. Der „Savage Messiah“ und „An Ancient Ancestor Of The Autumnn Moon“ nehmen dann das Tempo raus und beweisen die Fähigkeit MÄRK GRYNINGs, hymnenhaften BM zu schreiben.

Wobei für die Hymnen eine Sache recht hinderlich ist: Die Cleanvocals sind ausnehmend schwach und auch noch viel zu leise. Hier wäre ein Gastauftritt von jemand nützlich gewesen, der über ein kraftvolleres Organ verfügt. Das ist schade, denn die cleanen Momente sorgen für dringend benötigte Abwechslung. Denn so nostalgisch-schön und erfreulich innovationslos das Album auch ist, es bleibt eben vor allem eine Hommage an die alten Zeiten des melodischen Black Metals und zwar in einer Form, die niemanden weh tut (was melodischer Black Metal natürlich kann, wie Dissection meisterhaft bewiesen haben). Und natürlich sind die Songtitel alle lehrbuchmäßig.

„Fasornas Tid“ ist gefällig, genretypisch im guten Sinne und grundsympathisch. Und es passt in eine Zeit, in der sich Old Man’s Child wieder reformieren. Nur manchmal fragt man sich, ob Black Metal eigentlich für warme Erinnerungen sorgen soll und ob die Rebellion damals im Studium eigentlich wirklich so besonders war. Aber seien wir ehrlich, Bürgerlichkeit und Ohrensessel sind etwas sehr schönes und um die langweiligen Lehrerkollegen etwas zu schocken, ist die gute, alte Musik der Jugend immer noch mehr als geeignet. Außer beim Lateinlehrer, der hört polnischen Freejazz und Stockhausen zum Frühstück. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Wertung: 7 / 10

Redaktion Metal1.info

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