Review Minco Eggersman – Kavkasia

  • Label: Volkoren
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Entmetallisiert, Singer/Songwriter, Neoklassik, Jazz

Drei Jahre lang hat der Niederländer MINCO EGGERSMAN Soundtracks für diverse Filme komponiert und umgesetzt. Dann hat ihn eine Reise mit seiner Frau durch Georgien zur Arbeit an einem neuen Soloalbum inspiriert. Unter dem Titel „Kavkasia“, georgisch für Kaukausus, hat der Musiker und Komponist zwölf Stücke versammelt, mit denen er Schönheit, Kraft und Ruhe der kaukasischen Berge widerspiegeln möchte. So verschmelzen Songwriter-Elemente mit Neoklassik, Jazz, Post-Rock und Avantgarde zu einer interessanten Mischung.

Nach einem kurzweiligen Intro ist es „The Crossing Place“, das einen erstmals gebannt lauschen lässt. Man erwartet durch das pulsierende Schlagzeug im Hintergrund den großen Moment, der die Komposition in einem großen Knall aufgehen lässt. Aber nichts dergleichen passiert, der Song ebbt ab und verschwindet in fast vollständiger Stille, bevor die Streicher federführend, aber weiterhin in seichter Weise agieren. In Sachen Gesang, der im Albumkontext grundsätzlich spärlich eingesetzt wird, erinnert MINCO EGGERSMAN an Kim Larsen (Of The Wand & The Moon). Etwas verschroben, aber nicht ganz so düster. Im Anschluss übernimmt die Bläser-Fraktion das Geschehen („The Black Sea“), während „Holy Ground“ mit einem unaufdringlichen Saxophon eher im Ambient-Jazz verankert ist. „Stepantsminda“ lässt den Folk aufblitzen, bevor eine Kirchenorgel sich majestätisch erhebt und den Song so zu seinem Ende geleitet.

Den wirklichen Bezug zur Landesvorlage Georgiens findet man in der Folge, wenn ein sogenannter Buba seine Stimme erhebt („Melisma & Gurian“, „Deda Ena“). Er ist Mitglied des georgischen Iberi-Chors und singt in zwei lokalen Sprachen, die das Gefühl der zugrunde liegenden Reise nochmal deutlich verstärken. Insgesamt ist der deutliche Bezug zum Land Georgien in der zweiten Hälfte viel präsenter, wie das Langstück „Tbilisi Calls“ zeigt. Nicht nur der Titel lehnt sich an die Hauptstadt Tiflis an, sondern auch Field Recordings wie das eingangs erklingende Glockengeläut. In knapp zwölf Minuten durchlebt man von Ambient über Post-Rock und Neoklassik bis hin zu Jazz eigentlich alle wichtigen Elemente, die „Kavkasia“ ausmachen. Dieses langlebige Instrumental-Stück ist durch seine Verspieltheit und erhabene Stimmung zweifelsohne das Herzstück des Albums. Mit „Mount Ararat“, das vor allem gesanglich an Talk Talk oder David Sylvian erinnert und „Home Of The Brave“, von den Bläsern in ein festlich klingendes Gewand verpackt, enden die rund 46 Minuten.

Es sind vorrangig die ruhigen und experimentellen Klänge, die MINCO EGGERSMAN mit „Kavkasia“ aufleben lässt. Neben dem Verfolgen einer gedanklichen Reise durch zerklüftete Berglandschaften regt die getragene Melancholie der Kompositionen auch eine nachdenkliche und teils wehmütige Gefühlslage an. „Kavkasia“ ist ein Gesamtkunstwerk, das auch als solches erlebt werden sollte. Einzelne Stücke aus dem Kontext zu reißen würde dieser künstlerischen Haltung auch nicht gerecht. Die Herangehensweise mag nicht ganz in unsere moderne Zeit passen, liefert aber entschleunigte Unterhaltung, deren Wert auch im Jahr 2017 nicht unterschätzt werden darf. Man könnte meinen, EGGERSMANs Message ist: „Lehnt euch zurück und genießt den Moment!“ Mit diesen Kompositionen wird dem mehr als nur Genüge getan.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Christian Denner

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