Schon mit 17 Jahren gehörte er zu den Größten seiner Zunft, erlebte einen kometenhaften Aufstieg und spielte eine Zeit in der absoluten Oberliga, weshalb viele seiner Nachfolger ihn bis heute als ihr großes Vorbild bezeichnen. Bedingt durch frühen Erfolg und teils ruinöse Entscheidungen erlebte das „German Wunderkind“ einen genauso tiefen Fall, der zeitweise mit öffentlicher Selbstdemontage einherging. Heute hat sich der Mann bis auf sein loses Mundwerk hinreichend im Griff bzw. gute Berater, weshalb zumindest der Herbst seiner Karriere störungsfrei zu verlaufen scheint. Die Rede ist natürlich von Boris Becker MICHAEL SCHENKER, der schon als junger Erwachsener mit Ufo zur Legende wurde und trotz manchem Absturz zu den größten Gitarristen aller Zeiten gehört. Mit „My Years With Ufo“ lässt der Niedersachse nun mit prominenter Unterstützung die Anfänge seiner Karriere Revue passieren.
Wenn man Musiker wie Derek Sherinian (u. a. Dream Theater) und Brian Tichy (u. a. Whitesnake, Foreigner) in der Band hat und sich dazu die Unterstützung von Hochkarätern wie z. B. Guns-N-Roses-Frontmann Axl Rose sowie deren Gitarrist Slash, Rainbow– und Malmsteen-Sänger Joe Lynn Turner und Europe-Gitarrist John Norum sichert, kann bei der Neuinterpretation stilbildender Ufo-Songs kaum mehr etwas schiefgehen. Entsprechend gut klingt das Ergebnis: Schon Twisted-Sister-Frontmann Dee Snider macht im groovenden Opener „Natural Thing“ eine verdammt gute Figur und Joey Tempest setzt in „Only You Can Rock Me“ gleich noch einen drauf.
Eben weil das Material von „My Years With Ufo“ altbekannt ist, sind es in erster Linie die verschiedenen Sänger, die das Album interessant machen. Aus den verschiedensten Bands rekrutiert, unterscheiden sich die Herren mitunter sehr und geben den einzelnen Nummern so jeweils einen anderen Anstrich. Zu den erwartbaren Highlights gehören neben den erwähnten Songs auch die Beiträge von Jeff Scott Soto („Lights Out“) und natürlich Joe Lynn Turner („Doctor Doctor“, „Too Hot To Handle“), aber auch Erik Grönwall („Mother Mary“) und Kai Hansen („Rock Bottom“) können brillieren. Ausgerechnet Superstar Axl Rose klingt leider reichlich angestrengt und bei Stephen Pearcy musste im Studio wohl reichlich nachgeholfen werden; schlecht sind deren Darbietungen aber auch nicht.
Und dann ist da natürlich noch der Maestro selbst. MICHAEL SCHENKERs einzigartiges, gefühlvolles Spiel wurde oft kopiert und doch nie erreicht, denn der Mann soliert wie kein anderer. Wenngleich er nichts mehr beweisen muss, macht „My Years With Ufo“ unmissverständlich deutlich, dass er es immer noch drauf hat. Bestes Beispiel auf dieser Platte ist sein Solo in „Rock Bottom“, das von seiner einzigartigen Melodieführung getragen wird und gleichzeitig die Schenker-typischen Licks im Übermaß zur Schau stellt. In diesem Zusammenhang müssen auch Gastgitarristen wie Slash und Joel Hoekstra erwähnt werden, die mit ihren Beiträgen ohne weiteres mit dem Gastgeber mithalten können. Abgerundet wird „My Years With Ufo“ von zeitgemäß fettem Sound mit Fokus auf erdigen, crunchigen Gitarren, was bestens zum Songmaterial aus den mittleren bis späten 70ern passt.
Hätte MICHAEL SCHENKER die Songs von „My Years With Ufo“ alle in der gleichen Besetzung aufgenommen, wäre die Platte wohl weitaus unspektakulärer ausgefallen. Musikalisch gibt es an den Neueinspielungen zwar nichts auszusetzen, aber dass Herr Schenker und sein langjähriger Weggefährte Barry Sparks diese Nummern drauf haben, darf auch erwartet werden. Somit sind es in erster Linie die verschiedenen Sänger, die mit ihren teils stark unterschiedlichen Stimmen auf dieser Platte für die nötige Spannung sorgen. „My Years With Ufo“ gibt vor allem Fans der britischen Hard-Rocker die Möglichkeit, einige ihrer bekannten Songs noch einmal neu zu entdecken, weshalb die Platte weit mehr als ein bloßer Cashgrab ist.
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