Die estnischen Wölfe alias METSATÖLL sind zurückgekehrt und bringen, passend zu ihrem fünfzehnjährigen Jubiläum, das mittlerweile sechste Studioalbum „Karjajuht“ mit. Nachdem die Band zuletzt, mit Alben wie „Äio“ und „Ulg“, ihre Position im Folk-Metal-Sektor festigen konnte, ist es spannend zu sehen, wie die Truppe sich in den letzten drei Jahren weiterentwickelt hat. Wird den Esten also endlich der Sprung nach vorne gelingen oder wird man weiterhin eher als „Szenetipp“ in der zweiten Reihe hinter Bands wie Korpiklaani und Co stehen?
Ohne große Umschweife und lange Spielereien, in Form eines Intros oder Ähnlichem, wird „Karjajuht“ im typisch knarzigen Folk-Metal-Gewand des Quartetts eröffnet. Das Stichwort „knarzig“ trifft überhaupt sehr gut den Eindruck von dem, was METSATÖLL dem Hörer hier präsentieren. So wollen viele Stücke des Albums einfach nicht richtig klingen. Zu oft hat man als Hörer das Gefühl, dass entweder der Gesang im Melodischen nicht zu der Musik passt oder das die einzelnen Instrumente nicht ganz den passenden Ton treffen. Der Sound der Esten verbindet dabei in altbekannter Manier kräftige Gitarrenriffs, treibendes sowie durchaus abwechslungsreiches Schlagzeugspiel und die Folk-Weisen ihrer Heimat. Des Weiteren dominieren neben dem, in Landessprache dargebotenen, tiefen Gesang von „Rabapagan“ vor allem mehrstimmige Refrains das Bild auf „Karjajuht“. Die hörbare Ungeschliffenheit im Klangbild von METSATÖLL ist es jedoch auch, die die Truppe bei vielen Freunden des Folk Metal beliebt macht, aber nüchtern betrachtet sind viele Passagen einfach unstimmig. Die zuweilen guten metallischen Grundlagen wie in „Terasest Taotud Tee“, „Öö“ oder „Surmamûûr“ werden leider sehr oft nicht ausgebaut oder gar durch den übermäßigen Einsatz zu vieler verschiedener Folk-Instrumente zunichtegemacht. Weniger ist manchmal eben mehr.
Ein weiteres Problem, das sich sehr deutlich zeigt, ist die zu starre Ausrichtung der einzelnen Stücke. Hier wäre besseres Feingefühl in puncto Songwriting notwendig gewesen, um zum einen etwas mehr Abwechslung in die insgesamt zwölf Songs zu bringen und zum anderen, um vielleicht ein echtes Highlight hervorzubringen. Das Niveau auf dem Album ist, ohne Frage, durchschnittlich bis gut geworden, aber Höhepunkte finden sich keine und es bleibt weder eine Melodie noch ein Rhythmus hängen. Einzig die Livetauglichkeit des Materials kann nicht infrage gestellt werden, denn fast zu jedem Song kann der geneigte Fan das Tanzbein schwingen.
Schlussendlich haben METSATÖLL es mit „Karjajuht“ leider nicht geschafft, ihren Stellenwert erheblich zu erhöhen und so werden die Esten auch weiterhin wohl nicht über den Status des „Geheimtipps“ herauskommen. Für waschechte Folk-Metal-Fans ist dieser Silberling absolut ein kleiner Tipp, aber wer dem Genre bisher nicht viel abgewinnen konnte, der wird dies vermutlich auch nach dem Hören nicht können.
Wertung: 5 / 10