Review Meshuggah – The Violent Sleep Of Reason

Vier Jahre ist es her, seit die fünf durchgeknallten Schweden ihr letztes, brachiales Werk „Koloss“ auf die Menschheit losließen. Ein Album, das die Band nicht gerade von ihrer eingängigsten und kunstvollsten Seite zeigte, aber dennoch nicht zuletzt durch gnadenlose Härte durchaus zu gefallen wusste. Nun steht mit „The Violent Sleep Of Reason“ der nächste Versuch, menschlichen Wahnsinn in Musik zu übersetzen in den Startlöchern.

Doch viel hat sich seit „Koloss“ nicht getan, das legt schon das stilistisch ähnliche Coverartwork nahe. MESHUGGAH machen genau da weiter, wo sie zuletzt aufgehört hatten. Soll heißen: Sie wiederholen die Stärken ihres letzten Werkes, ihr rhythmisch komplexes, hyperpräzises, immer noch unheimlich kraftvolles Spiel mit tiefen Gitarrenklängen und vertrackten Schlagzeug-Grooves ebenso wie dessen Schwächen, das Fehlen von Innovation und Wiedererkennungswert. MESHUGGAH haben effektiv unfreiwillig damit begonnen, sich über die Jahre ihr eigenes Grab zu schaufeln. Indem sie den Grundstein für ein ganzes Genre legten, erschufen sie indirekt eine Vielzahl von Bands, die parallel zu ihnen die Grenzen eben jenes Stils ausloten wollten, den sie maßgeblich prägten. Sicherlich, hätte es diese Welle nicht gegeben, sowohl „Koloss“ als auch „The Violent Sleep Of Reason“ wären wohl zwei weitere Ausnahmealben wie beispielsweise das viel geschätzte „ObZen“, das ikonische, durchgedrehte „Destroy Erase Improve“ oder ihr Meisterwerk „Chaosphere“. Was diese Alben so besonders machte, war die stetige Weiterentwicklung ihres Sounds, MESHUGGAH blieben nie auf der Stelle stehen. Selbst einem überwiegend missglückten Werk wie dem repetitiven „Catch Thirtythree“ konnte man diese Qualität nicht absprechen.
Inzwischen aber ist genau das die Eigenschaft, die MESHUGGAH auf ihren letzten beiden Alben abhandengekommen ist. Verlernt haben die Schweden ihr Handwerk keineswegs. Gerade die beiden fantastischen ersten Songs des Albums, das energetische „Clockworks“ und das an „Chaosphere“-Zeiten erinnernde „Born In Dissonance“, zeigen das mehr als eindrucksvoll. Zwar sind MESHUGGAHS Grooves inzwischen etwas griffiger und nicht mehr ganz so „meschugge“ wie früher, dennoch thront die Band auch im Jahre 2016 damit noch an der Spitze zahlreicher Imitatoren und bleibt darin unerreicht.
Ansonsten schafft es aber auch „The Violent Sleep Of Reason“ nicht, wie auch schon sein daran kränkelnder Vorgänger, genügend solcher herausragenden Songs bereitzustellen. Groovigen Stücken wie „MonstroCity“ oder dem herrlich hyperaktiven „Nostrum“ stehen dann leider auch immer nichtssagende Stampfer wie „Ivory Tower“ oder „Into Decay“ gegenüber, deren unspektakuläre Riffs und Rhythmen bisweilen eher zu langweilen drohen als die Härte zu entfalten, die von der Band wohl vorgesehen war.
Dass MESHUGGAH auf „The Violent Sleep Of Reason“ maschineller und perfekter klingen, raubt der Scheibe natürlich die organische Komponente, die ein nicht ganz unwesentlicher Punkt des Erfolges ihrer früheren Werke ist. Das ist enorm erstaunlich und irritierend hinsichtlich ausführlicher Erklärungen seitens der Band, das Album sei, um genau diese Punkte zu verhindern, im Gegensatz zu den Vorgängern komplett live eingespielt worden und mit dem Ziel der Unperfektheit und eines natürlicheren Sounds produziert worden. Die aggressivere, wütendere und brutalere Wirkung kommt so manchem Stück auf der Platte auf der anderen Seite jedoch auch sehr zugute.

„The Violent Sleep Of Reason“ ist weder Fort- noch Rückschritt gegenüber dem Vorgänger „Koloss“, sondern eher konsequente Fortführung jenes Konzepts. Das funktioniert auch hier immer noch überwiegend ziemlich gut, lässt aber natürlich Innovation vermissen. Wer „Koloss“ schon öde fand, wird wohl auch mit MESHUGGAHs neuem Werk nicht glücklich. Alle anderen können unbesorgt zugreifen. Die unbestreitbaren Qualitäten der Band sind auch auf dem achten Werk noch massig vorhanden und sichern dessen gefällige Wirkung. Beim nächsten Mal darf die Truppe dann aber gern wieder etwas mehr Mut beweisen.

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Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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