Meshuggah - Immutable

Review Meshuggah – Immutable

Wie bei so vielen anderen Bands hatte die Pandemie natürlich auch auf MESHUGGAHs Arbeitsweise einen Einfluss: Schlagzeuger Tomas Haake zufolge hatte das notwendig gewordene Hin- und Herschicken von Ideen von zuhause aus den kreativen Prozess in seinem Tempo merklich ausgebremst (> mehr dazu in unserem Bericht zur Listening-Session).

Nun aber ist es soweit und die schwedischen Spezialisten für hirnverknotende Rhythmusakrobatik und unfreiwilligen „Godfathers of Djent“ haben ihr neues Album „Immutable“ fertig – immerhin sechs Jahre, nachdem sie ihr letztes Album „The Violent Sleep Of Reason“ veröffentlicht haben. „Immutable“ als Albumtitel ist etwas irreführend, will sich die Band laut Haake auf der neuen Platte eben nicht „unveränderlich“, sondern mit vielen neuen Ideen präsentieren.

Mit einem bleiernen Palm-Mute-Riff eröffnet das wie ein Semi-Intro anmutende „Broken Cog“ donnernd das Album, ehe der Hörer sich in MESHUGGAH-typischer Oddtime- und Polyrhythmik wiederfindet. Die Stimmung auf „Immutable“ ist in den meisten Stücken düster und eher sphärisch gehalten. Sofort fällt die überraschend dynamische, weniger aggressiv und dafür organischer gehaltene Produktion auf, die der Platte sehr zugutekommt. Mit „The Abysmal Eye“, „Light The Shortening Fuse“, „Phantoms“ und „Ligature Marks“ folgen gleich vier der gelungeneren Stücke der Platte: Fast wie einer Checkliste folgend haken MESHUGGAH hier ihre Trademarks – etwa rhythmisch komplexe Double-Bass-Passagen, atonale Tappingsoli, bedrohlich wabernde Leadgitarren und natürlich das markante, saitengezogene Tieftonriff – ab. Wenngleich keines der Stücke wirklichen Hitcharakter hat, reißt MESHUGGAHs gewohnt treibender Groove zweifellos mit. Auch „I Am That Thirst“ und das mit einem furiosen, Toms-basierten 16tel-Drum-Pattern aufwartende „Armies Of The Preposterous“ gehören zu den spannenderen Songs des neuesten Werkes.

Doch wie schon die anderen Alben der letzten Jahre bleibt auch „Immutable“ nicht frei von wenig aufregenden Fillern und künstlerischen Fehlentscheidungen. Letztere akkumulieren sich besonders folgenschwer im Mammut-Track „They Move Below“. Was wahrscheinlich als zentraler Höhepunkt des Albums konzipiert war, entpuppt sich als äußerst träge Angelegenheit. Eingeleitet wird der Song zunächst ganz untypisch durch ein langes, ruhiges, jedoch nicht sonderlich spektakuläres Clean-Gitarren-Intro im ersten Drittel, das eine eher gedämpfte Stimmung verbreitet. Nach zweieinhalb Minuten setzt sodann das vermeintlich erlösende Midtempo-Riff ein, das jedoch jeden Groove vermissen lässt und sich stattdessen träge dahinschleppt. Dass die Band obendrein ausgerechnet diesen Song als das Instrumentalstück des Albums auserkoren hat, bleibt bis zuletzt unverständlich – hat doch kein anderes Lied auf dem Album einerseits instrumental so wenig Spannung zu bieten und zieht sich andererseits über völlig aufgeblasene neuneinhalb Minuten.

Nach der furiosen ersten Hälfte droht das Album durch eine Hand voll unspektakulärer Stücke wie „Kaleidoscope“, „The Faultless“ oder das wie eine unausgearbeitete Riffidee wirkende Gitarreninterlude „Black Cathedral“ zudem kurzzeitig  in Langeweile zu versanden. Auch das Outro „Past Tense“, das sich als einfallslos in die Länge gezogenes Cleangitarrenstück entpuppt, lässt das eigentlich in großen Teilen sehr spaßige Album eher ermüdend ausklingen. Hier hätten MESHUGGAH gut daran getan, etwas rigoroser auszusortieren. Mit knapp 67 Minuten ist „Immutable“ nämlich nicht nur ihr bislang längstes Album, sondern leider auch etwas zu lang geraten.

Reduziert auf seine starken zwei Drittel hätte „Immutable“ das beste MESHUGGAH‑Album seit „ObZen“ werden können. So aber setzt es als weiteres unverkennbares und hörenswertes, aber eben nicht herausragendes Album die künstlerische Stagnation fort, die sich bei den Schweden seit den 2010er-Jahren bemerkbar macht. Fans der Band bekommen damit im Großen und Ganzen, was sie erwartet haben dürften. Instant-Klassiker wie etwa „Bleed“, „Future Breed Machine“, „Combustion“ oder „New Millennium Cyanide Christ“ sucht man auf diesem Album jedoch vergeblich.

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Meshuggah: erste Eindrücke zu „Immutable“ aus der Listening-Session

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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