Review Mentally Blind – Stage: Zero

Australien, England, die USA, Frankreich – die Liste der Länder, aus denen die hoffnungsvollsten Newcomer der Metalcore-Szene kommen, ist eher geprägt von für modernen Metal bekannten Nationen. Als MENTALLY BLIND meldet sich nun aber eine junge Band an, die aus dem in der Szene eher für Black Metal stehenden Polen kommen. Gehört das Quintett in seiner Heimat bereits zu den eher bekannteren Truppen (Auftritte gemeinsam mit Bury Tomorrow oder Monuments sprechen für sich), dürfte sein Name außerhalb der polnischen Landesgrenzen selbst Kennern der Szene bislang unbekannt sein. Dies soll sich mit dem Debüt-Album „Stage: Zero“ nun also ändern.

Welchen Vorbildern MENTALLY BLIND nacheifern ist sowohl instrumental als auch gesangstechnisch schnell erfasst. So schwimmt die Truppe stets im progressiven Fahrwasser irgendwo zwischen Northlane und Polaris, den Architects und Currents. Dass Schreihals Antek Olech dazu Novelists FRs Ex-Sänger Mateo Gelsomino zum Verwechseln ähnlich klingt, beseitigt jeglichen Gedanken daran, dass hier musikalisches Neuland beschritten wird. Doch muss das Rad glücklicherweise nicht immer neu erfunden werden, um musikalisch zu überzeugen.

Denn im Gegensatz zum Output vieler anderer Bands wirkt „Stage: Zero“ nicht wie ein einigermaßen aufgewärmtes Mittagessen, sondern wie ein frisch gekochtes Menü – zwar mit den identischen Zutaten, aber eben schmack- und herzhafter. Dazu trägt einerseits die kraftvolle und organische Produktion bei, andererseits aber selbstverständlich auch das musikalische Talent der jungen Männer. Denn, dass MENTALLY BLIND ihre Instrumente gut beherrschen und dazu auch noch interessante und eingängige Tracks schreiben können, beweisen sie gleich mit „Somewhere You’d Never Go“. So bedienen sie mit der Songstruktur zwar jedes Metalcore-Klischee, schaffen es aufgrund technisch versierter Riffs und coolem Solo dennoch, die Aufmerksamkeit des Hörers für sich zu gewinnen. Ein großer Pluspunkt ist zudem Olechs raue Clean-Stimme, die stets kraftvoll und ansprechend klingt und hier und da sogar – ohne dies despektierlich zu meinen – an Chad Kroeger erinnert.

So bieten MENTALLY BLIND auf 42 Minuten Spielzeit stets grundsoliden, meist überdurchschnittlichen modernen Metalcore, der einen phasenweise sogar zum Herumspringen und Mitsingen aus dem Sessel reißt. Das beste Beispiel hierfür ist „Saviour Self“ – ein druckvoller Song, der mit eingängigem und angenehm emotionalem Refrain vollkommen überzeugen kann. Neben proggigen Riffs und dem Wechselspiel aus Gesang und Geschrei bieten die Polen mit dem von Clean-Vocals dominierten „Xyz“, dem mit einem Solo startenden „Traces“ oder auch dem überraschend elektronischen Titeltrack genug Abwechslung, um die Neugier des Hörers immer wieder aufkeimen zu lassen. Dies lässt dann auch über ein Stück wie „Everything’s Great“ hinwegsehen, das dann doch mal wie Metalcore-Stangenware vom Grabbeltisch wirkt.

Am Ende ist „Stage: Zero“ ein wirklich gelungenes Debüt-Album einer Band, die man sich als Metalcore-Fan definitiv auf den Zettel schreiben sollte. Es ist kurzweilig, groovt, setzt sich stellenweise im Kopf fest und lässt schließlich auch nicht viel zu meckern übrig. Denn gute Musik ist letztendlich einfach gute Musik – ganz egal wie viele andere das vorher schon mal so oder so ähnlich gemacht haben.

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Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Silas Dietrich

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