Review Mayhem – Ordo Ad Chao

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2007
  • Spielart: Black Metal

Drei Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung kehren die legendären MAYHEM anno 2007 mit ihrem „Ordo Ad Chao“ betitelten Album auf die musikalische Bildfläche zurück. Nach ihrem längst zur Legende gewordenen „De Mysteriis Dom Satanas“, dem vertrackten und in Szenekreisen eher verrissenen „Grand Declaration Of War“ und dem wieder straighteren „Chimera“ drückte man am 27. April 2007 dem geneigten Hörer ein Album auf die Ohren, das mit so einigen Überraschungen aufzuwarten weiß.

Schon die ersten Töne des Openers und Intros „A Wise Birthgiver“ zeigen, dass man sich in Sachen Produktion wieder zurück zu den Wurzeln begeben hat. Das wird diejenigen erfreuen, die „Grand Declaration Of War“ für zu glatt produziert und elektronisch durchsetzt hielten. Man arbeitet im Heute mit viel Hall, dadurch verwaschen wirkenden Gitarren, die im Verlaufe einiger Stücke gar ganze Riffings verschwinden zu scheinen lassen und tiefschwarzen, jedoch nur spärlich, der Atmosphäre zuträglich, eingesetzten elektronischen Elementen. Das immer klar und deutlich herauszuhörende Drumming Hellhammers ist zwar dumpf, jedoch wohl das eines der wenigen Elemente neben Attilas Vocals, das nie in der basslastigen Produktion unterzugehen scheint. Es würde schließlich auch an Frevel grenzen, dieses abartig tighte Drumming unterzumischen.

Nach dem Weggang Maniacs im Jahr 2004 besann man sich seitens MAYHEMs, ähnlich wie in der Produktion, auf die alten Tage und holte den schon auf „De Mysteriis Dom Satanas“ zu hörenden Attila Cishar zurück an das Mikrofon.
Ebendieser ersetzt Maniac außergewöhnlich gut. Ich glaube behaupten zu können, dass man für dieses Album keinen besseren Vokalisten hätte finden können. Attila bietet das für dieses kranke Stück Musik absolut passende Stimmspektrum, das von morbidem Flüstern über Sprechgesänge und Gebrüll bis hin zu gurgelndem, gutturalem Gegrunze und Black Metal typischem, äußerst intensivem Gekeife geht. Bestes Beispiel für diesen absolut kranken Gesang ist wohl der Song „Deconsecrate“. Nachdem schon „Great Work Of Ages“ mit einem gurgelnden Laut seitens Attila endet, erwartet man nichts Fieseres mehr – aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: „Deconsecrate“ beginnt mit einem Kreischen, das ich in dieser Form nur von Kanwulf (Nargaroth) kenne, der seine Vocals jedoch gerne bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Dies ist, in dieser extremen Ausführung, hier nicht der Fall. Es ist schlichtweg unfassbar, was Attila hier an Stimme zu Tage befördert.

Um die Struktur des Albums, bzw. der einzelnen Stücke zu beschreiben, ist wohl am ehesten der Song „Illuminate Eliminate“ heranzuziehen, der mit seinen fast zehn Minuten das zweitlängste Lied der gesamten MAYHEM Historie darstellt. Hier verbauen MAYHEM alles, was dieses Album ausmacht und auch Attila greift tief in die Trickkiste und lässt manche Vocals so klingen, als seien sie rückwärts abgespielt – saustark. Ein an einen Marsch durch 50cm tiefen Schlamm erinnerndes Doom-Intro, das so von keiner großen Doom-Band dieser Welt hätte besser geschrieben werden können, ist nur der initiale Funken für einen Song, der in seiner Schwärze und Vertracktheit wohl nur der Erklärung eines schwarzen Loches gleichkommen würde. MAYHEM gelingt es auf diesem Album, und speziell in diesem Song, die für mich im Black Metal gesteckten Grenzen in weite Ferne zu rücken; In musikalisch-technischer Sicht, wie auch im Songwriting.
Die Breaks kommen unerwartet, man bricht Grooveparts an Stellen ab, an denen sie gerade anfangen richtig Spaß zu machen, spielt ruhigere Passagen ein, bei denen sich der Hörer glaubt in Sicherheit zu wiegen, um sich gleich daraufhin wieder durch ultra brutale Blastbeats zusammenzuckend in einem Bereich des Songs zu finden, der von Hellhammers absolut großartigem Drumming getragen, von Attilas Stimmgewalt gestärkt und von Blasphemers Riffing zusammengehalten wird.

Die erste Reaktion eines jeden Lesers wird vermutlich sein: „Das haben doch schon Bands wie Emperor, Enslaved und Borknagar geschafft“. Es besteht an dieser Stelle auch gar kein Zweifel, dass sie es taten. Jedoch haben sie es geschafft, indem sie sich anderer Stilrichtungen, oder gar ganzer Genres bedienten (Kleines Beispiel: die Einführung des Hammond-Orgel-Sounds in den Black Metal im Jahre 1997 seitens Borknagar auf „The Archaic Course“).
Sind Enslaved bspw. auf „Ruun“ auf dem Grad zwischen Black Metal, Pagan/Folk Metal, und Psychedelic Rock gewandelt, so arbeiten MAYHEM trotz ihrer vertrackten Breaks und Rhythmen weiterhin nur mit Black Metal eigenen Trademarks. Die Jungs um Hellhammer arbeiten nämlich von schleppend-räudigen Doomparts, über ruhigere von Attila beflüsterten Verschnaufpausen bis hin zu scheppernd finsteren Blastbeats mit allem was man sich innerhalb des Black Metals vorstellen kann. Genau hier liegt der Unterschied, an dem ich die Originalität dieses Albums gegenüber oben genannten Bands festmachen würde.
MAYHEM schaffen auf diese Art und Weise eine durchgängig so dichte Atmosphäre, dass man meinen könnte es handele sich mit „Ordo Ad Chao“ um ein Konzeptalbum, wie es sich schon bei „Grand Declaration Of War“ um eins handelte. Hierin zeigt sich auch, warum das neue Album dem 2000er Werk (und vermutlich auch jedem anderen zuvor) um Lichtjahre überlegen ist. MAYHEM schafften es damals, ob durch die recht klare Produktion oder das unstimmig wirkende Songwriting, nicht, die Absicht des Konzeptalbums zu vertonen. Avantgardismus hin oder her – es ist nicht immer fortschrittlich. Heuer brachte man jedoch ein Album in die Presse (eindeutig zweideutig…), das in Sachen Atmosphäre meines Erachtens bisher seines gleichen sucht.

Der Black Metal hat im Jahr 2007, und wiederum einmal in MAYHEM, seinen Meister gefunden. Die Black Metal-Gemeinde hat nun ein Album, an dem sie sich dieses Jahr messen müssen. Marduk bspw. haben mit „Rom 5:12“ schon einmal den Kürzeren gezogen, wenn auch knapp. MAYHEM definieren mit „Ordo Ad Chao“, diesem pechschwarzen Brocken Musik, den Black Metal neu.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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