Review Marilyn Manson – The Golden Age Of Grotesque

Wir befinden uns im Jahr 2003. Drei Jahre nach seinem Rundumschlag gegen Kirche, Staat und Gesellschaft mit „Holy Wood“ meldet sich MARILYN MANSON zurück – vom Antichristen, Schockrocker und Jugendverderber an der Seite von Burlesque-Star Dita Von Teese mittlerweile selbst zum Popstar mit Künstlerimage geworden. Eine Entwicklung, die man seinem nächsten Album in vielerlei Hinsicht anmerkt.

Mehr denn je betätigt sich MANSON auf „The Golden Age Of Grotesque“, das als sein letztes Studioalbum geplant war, als Allroundkünstler und belässt es nicht bei Bild und Ton, sondern kombiniert beides mit „Doppelherz“ sogar noch in einem 25-minütigen, mehr oder minder surrealen Kurzfilm.

Auch inhaltlich ist MANSONS Wandlung zum Kunstversteher unübersehbar: Wesentlich inspiriert durch die Veröffentlichung „Voluptuous Panic: The Erotic World of Weimar Berlin“ des amerikanischen Theaterwissenschafts-Professors Mel Gordon, steht auf MARILYN MANSONs fünftem Album die Ästhetik des Deutschland der 30er Jahre – The Golden Age Of Grotesque – im Mittelpunkt. Wie nicht anders zu erwarten, wirft MANSON in seinen Texten auch diesmal mit historischen und popkulturellen Bezügen – sei es nun Peter Pan, Adolf Hitler oder Oscar Wilde – nur so um sich. Aber auch die Live-Performances im Zeichen des „Rodent Death’s Head“ (einem SS-Schädel mit Mickey-Mouse-Ohren) und die in Zusammenarbeit mit Gottfried Helnwein entstandenen Promo-Fotografien haben es in sich, wie das in Anlehnung an die Minstrel-Shows im späten 19. Jahrhundert arrangierte Doppel-Portrait von MANSON als bleichgesichtige und „blackface“ Mickey Mouse beweist.

Doch wie klingt es denn nun, MANSONs designiertes Abschiedsalbum?
Überraschend unartifiziell, wenn man ehrlich ist. Stark durch den Einstieg von Tim Sköld geprägt, der erst kurz zuvor KMFDM verlassen hatte, ist „The Golden Age Of Grotesque“ wieder deutlich geradliniger, vor allem beatlastiger als „Holy Wood“. Auf das im Industrial-Stil gehaltene Intro „Theater“ folgt mit „This Is The New Shit“ gleich eine klare Ansage, in welche Richtung das Album geht: Harte Riffs, veredelt mit MANSONs unverkennbarem Gesang, treffen auf Variationen aus der Beat-Box. Dass MARILYN MANSON diesem Konzept mit wenigen Ausnahmen wie dem schleppenden Titelsong oder den vergleichsweise ruhigen Nummern „Slutgarden“ und „Pik“ über den Albumverlauf hin treu bleibt, mag mancher als stumpf empfinden – oder als zelebrierte Perfektion.

Während MARILYN MANSONs Ruf in den USA auch 2003 noch beschädigt ist – „The Golden Age“ verkauft sich mit 118.000 Einheiten in der ersten Woche wie schon „Holy Wood“ (150.000) deutlich schlechter als „Mechanical Animals“ (223.000) – startet MANSON ausgerechnet mit seinem geplanten Abschied aus der Musikbranche in Europa durch: Das Album ist hierzulande bis dato seine erfolgreichste Veröffentlichung – und das, obwohl MARILYN MANSON damals bekanntermaßen doch nicht mit dem Musizieren aufgehört hat.

Wer mehr über die Hintergründe der auf „The Golden Age Of Grotesque“ verwendeten Symboliken erfahren möchte, sei an folgende Adresse verwiesen:
>> http://www.nachtkabarett.com

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Wertung: 9.5 / 10

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