Die gute Nachricht: Shadow Kingdom Records setzt seine Reihe an Rereleases der alten MANILLA-ROAD-Alben auch 2015 fort. Die schlechte Nachricht: Das nächste im chronologischen Marsch durch den Katalog ist „Out Of The Abyss“. Im Original von 1988 findet selbst unter Fans der US-Metal-Institution nicht zu viele Freunde. Warum? Gerne erklären wir es euch.
Schon auf dem Vorgängeralbum „Mystification“ hatten MANILLA ROAD begonnen, sich von ihrem ursprünglichen Sound zu entfernen. Was damals als kleines Experiment mit Thrash-Elementen begann und sich noch belebend auf das Songwriting auswirkte, nahm ein Jahr später auf „Out Of The Abyss“ überhand. Immer mehr Thrash-Riffs und Tempoattacken zeichnen den Sound auf dem insgesamt siebten Album der Band aus. Auf der Haben-Seite können MANILLA ROAD damit einige ihre schnellsten und härtesten Songs verbuchen – gleich der Opener „Whitechapel“ ist eine klare Ansage in Richtung Tempo, und die Anfänge von „Black Cauldron“ oder dem Titelsong „Out Of The Abyss“ könnten thrashiger nicht geraten sein.
Leider aber erkaufen sich die Jungs um Mark Shelton dieses Haben mit einem zu großen Soll: Die Songstruktur geht größtenteils flöten. Wo man normalerweise bei MANILLA ROAD großartige Geschichten verpackt in epische Arrangements und gefühlvollen Songaufbau serviert bekommt, herrscht hier ein Zutatenchaos wie in der postmodernen Küche. Da reiht sich hartes Riff an unpassenden Break und befremdlichen Tempowechsel, dass man gar nicht mehr so recht weiß, worum es in den Liedern gehen soll. Eingängigkeit jedenfalls klingt ganz anders. Schon „Whitechapel“ sorgt in dieser Hinsicht für Verwirrung, und besser wird es mit „Slaughterhouse“ ganz bestimmt nicht. Bei anderen Titeln dagegen vermisst man Variationen in den Thrash-Anleihen gänzlich („Midnight Meat Train“) – das Riffing klingt monoton und selbst der Gesang vermag kaum noch Akzente zu setzen.
Natürlich gibt es sie noch, die großen Momente von MANILLA ROAD auf „Out Of The Abyss“. Songs wie „Return Of The Old Ones“ oder „War In Heaven“ haben genau die getragene Atmosphäre und innere Struktur, die man an der Band so schätzt und die sie zu Pionieren des Epic Metals gemacht haben. Trotzdem muss man sehen, dass diese Trademarks auf „Out Of The Abyss“ rar geworden sind. Glücklicherweise blieb das Übermaß an Thrash-Einfluss in der Geschichte der Band Episode, und schon auf „The Courts Of Chaos“ setzten sie sich wieder davon ab. Freuen wir uns also darauf, dass auch der Nachfolger von „Out Of The Abyss“ sicher bald als Rerelease kommt. Zur Überbrückung der Wartezeit eignet sich „Out Of The Abyss“ leider nur wenig, zumal das Rerelease außer den originalen Songs keine zusätzlichen Dreingaben bietet.
Wertung: 5.5 / 10