Review Malist – In The Catacombs Of Time

Eigentlich wäre es nicht verkehrt, bei MALIST von einem potentiellen Senkrechtstarter zu sprechen. Bereits für „In The Catacombs Of Time“, das Debüt seines Melodic-Black-Metal-Soloprojekts, konnte der russische Einzelkünstler Ovfrost mit Northern Silence ein etabliertes Label von sich überzeugen und die Platte darüber hinaus mit einem fantastischen Artwork von Artem Demura schmücken. Dass die erst 2017 gegründete Ein-Mann-Band mit ihrer Musik dann auch noch großen Namen wie Dissection, Mgła und Gehenna hinterhereifert, sollte prinzipiell schon ausreichen, um die Hörer in Scharen anzulocken. Fragt sich nur noch, ob sich MALIST mit seiner ersten Veröffentlichung um sein Publikum verdient macht.

Den Anfang macht „Venture Into Life“, ein überwiegend akustisches, melancholisches Intro, das in zweierlei Hinsicht überrascht. Sowohl die Spielweise als auch die Produktion sind hier nämlich derart grobschlächtig, dass man durchaus vergessen könnte, dass es sich (zumindest zu Beginn noch) um völlig unverzerrte, natürlich erzeugte Saitentöne handelt. Nicht minder klobig sind jedoch auch die eigentlichen Black-Metal-Nummern, die MALIST auf diesen eigentümlichen Einstieg folgen lässt. Zwar gelingt es Ovfrost, in den kräftigeren Nummern wie „Food For The Flames“ einigermaßen, seine garstigen Screams, rohen Riffs und schwungvollen Drum-Beats sinnvoll aufeinander einzustimmen, doch oftmals ziehen sich die Tracks ohne jeden Anflug von Spannung in die Länge.

Sogar die schnelleren, wilderen Passagen wirken eher träge und farblos („En Bitter Längtan“), wohingegen die gemäßigteren Abschnitte viel zu rau produziert und zu beliebig arrangiert sind, um eine fesselnde Stimmung aufkommen zu lassen. Mit den vereinzelt eingeschobenen, eher lustlosen Clean-Vocals hat sich MALIST ebenfalls keinen Gefallen getan, fühlt man sich bei den ausgezehrten Quasi-Spoken-Word-Abschnitten doch an Anders Fridens Sprechpassagen auf den frühen In-Flames-Platten erinnert – und ebenjene sind gewiss nicht der Grund für den Klassikerstatus von „The Jester Race“ und „Whoracle“.

Sowohl soundtechnisch als auch gesanglich und instrumental leidet „In The Catacombs Of Time“ unter einem chronischen Mangel an Power und Eleganz. Erst ganz am Ende des Outros „Ever After“ erbarmt sich MALIST dazu, die Akustikgitarre zur Verabschiedung mit ein bisschen mehr Feingefühl zu spielen – eine reichlich späte und mickrige Wiedergutmachung für die damit endende, 50-minütige Geduldsprobe.

Ein beliebtes Sprichwort besagt, dass man ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen sollte. Während damit in den meisten Fällen auf gute Eigenschaften, die sich hinter einer unscheinbaren Fassade verbergen, aufmerksam gemacht werden soll, ist „In The Catacombs Of Time“ ein Beispiel für die Kehrseite jener Redewendung. Seinem beeindruckenden Coverbild, das ebenso gut einem Artbook zu „Der Herr der Ringe“ oder „Dark Souls“ entsprungen sein könnte, wird das Debüt von MALIST zu keiner Zeit gerecht. Die Musik, die Ovfrost hier im Alleingang kreiert hat, ist von geradezu einschläfernder Schwerfälligkeit, sodass die Tracks selbst in ihren besten Momenten kaum mehr als soliden Standard-Black-Metal vorzuweisen haben.

Wertung: 4.5 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

4 Kommentare zu “Malist – In The Catacombs Of Time

  1. Hallo Stephan,
    wie du schon sagst, Geschmäcker sind verschieden, und Kritiker werden immer kritischer je länger sie Kritiken schreiben. Aber als solcher sollte man nach meiner Meinung nicht zu „subjektiv“ bewerten. Du beeinflußt damit ja auch potentielle Kunden und minimierst die Cancen der Band hochzukommen. Wir bedenken es ist das erste Album…4.5 ist für mich unterbewertet. Das ist der einzige Grund warum ich überhaupt einen Kommentar schreibe….ich muss etwas in die andere Waagschale werfen.
    Gruß
    Ingo

    1. Naja, aber Rezensionen sind zwangsläufig subjektiv. Natürlich gibt es einzelne Teilbereiche, die man richtig und falsch beurteilen kann – würde ich beispielsweise schreiben, dass es ne Pop-Platte ist, wäre das stilistisch freilich nicht korrekt. Wie gut man etwas findet, kann aber nie vollständig objektiv sein. Dementsprechend ist es nicht allzu sinnvoll, meine Bewertung als zu subjektiv zu bezeichnen, wenn du selbst mit deiner Meinung auch nicht objektiver sein kannst.
      Und ja, selbstverständlich kann man von einer Newcomer-Band nicht dasselbe erwarten wie von einem „alten Hasen“ – das tue ich aber auch nicht. Es gibt Bands, die meiner Meinung nach bereits auf ihrem ersten Album den Dreh raus haben, was dann natürlich auch Lob verdient. Und mit etablierteren Bands gehe ich auch ein wenig härter ins Gericht – allerdings nur ein wenig, denn ich fände es auch nicht angemessen, einer Band mehr Punkte zu geben, nur weil sie noch nicht lang im Geschäft ist. In diesem Fall sehe ich einfach keinen großartigen Grund, Malist mit Punkten zu überhäufen. Wenn irgendwann ein zweites Album kommt und es sich ergibt, dass ich auch darüber schreiben kann, werde ich mich aber von dem Debüt nicht beeinflussen lassen. Kann ja gut sein, dass es beim zweiten Anlauf in meinem Ohr besser klappt. Auf diesem Album hier sehe ich jedoch, wie gesagt, keinen Anlass zur Begeisterung.
      Aber wie schon erwähnt, es ist ja völlig in Ordnung, bei so etwas verschiedener Meinung zu sein. Ich habe in dem Review dargelegt, warum ich es bestenfalls mittelmäßig finde, aber ich will es niemandem ausreden, dieses Album gut zu finden.

  2. Moin,
    ich weiß ja net was du sonst so hörst aber das kann ich so nicht stehen lassen.
    Ich schreibe aber keinen so langen Text wie du und seziere jedes Detail. ( Ggf. ist das dein Problem)…Wie dem auch sei, Geschmäcker sind verschieden, von mir bekommt das Album 9 von 10 punkten. Mir…und auch meiner Frau gefällt es richtig gut.
    Gruß
    Ingo

    1. Hey Ingo,

      danke für das Feedback, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind.
      Zuerst mal zur Klarstellung: Ich höre die unterschiedlichsten Genres und Bands, insbesondere jedoch Black Metal in seinen verschiedenen Formen. Rein stilistisch wäre Malist also durchaus für mich von Interesse.
      Dass nicht jeder „lange Texte schreiben“ und Alben „sezieren“ möchte, ist völlig in Ordnung – letztlich gehts ja nur darum, ob einem die Musik gefällt oder nicht. Deiner Vermutung, dass das „mein Problem“ ist, muss ich aber widersprechen. Ich habe überhaupt kein Problem – ganz so wie bei jedem anderen auch gibt es schlicht Alben, die mir gefallen und solche, die es nicht tun. Es mag schon sein, dass ich durch die vielen Alben, die ich bereits rezensiert habe, ein wenig kritischer geworden bin, aber das bedeutet nicht, dass Musik mich nicht mehr zu begeistern vermag. Es werden nach wie vor Platten veröffentlicht, die mich faszinieren – nur gehört dieses hier eben nicht dazu. 9/10 Punkte vergebe ich eben nur bei Alben, die ich in sämtlichen Aspekten für nahezu perfekt halte und die ich mir dauerhaft mit Begeisterung anhören kann, ohne dass ich es auf Dauer satt habe. Das ist hier einfach nicht der Fall.
      Dennoch freut es mich für dich und deine Frau, dass ihr der Platte etwas abgewinnen könnt. Ich schätze, mir gefallen sicherlich auch Alben, die ihr wiederum schlecht fändet. In diesem Sinne noch viel Spaß mit dem Album!

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