Das oberbergische Land hat einiges zu bieten: schöne Hügel, fleißige Bauern und glückliche Hühner. Klar, dass es einem dabei flott langweilig werden kann, also sagten sich sieben junge Leute, dass es doch cooler ist, eine Folk-Metal-Band zu haben, als den Kühen beim Grasen zuzuschauen. Und man höre und staune, seit der Bandgründung vor 8 Jahren gab es genau einen Line-Up-Wechsel, so dass man sich beim vorliegenden Drittwerk „Paranoid Circus“ über die Musik eines gefestigten Bandgefüges freuen kann.
Tatsächlich, der Sound der Band wirkt schon beim ersten Hören durchaus wie aus einem Guss, wozu sicherlich auch beiträgt, dass man nicht einen Hauch unnötigen Ballast mitschleppt. Gerade ein Song („The Wolf“) überschreitet knapp die fünf Minuten, ansonsten befinden sich alle Nummern – mit Ausnahme von Intro und zwei Zwischenspielen – im radiotauglichen Bereich. Selbiges kann man teilweise sogar von der Musik behaupten, so sind der Titletrack und vor allem „The Regret“ enorm glattgebügelte, eingängige Songs, die augenblicklich zünden. Kein Wunder, dass gerade diese beiden mit einem Remix bzw. einer orchestralen Version bedacht sind. Getragen durch die angenehme Stimme von Frontfrau Jessica Thierjung, entfaltet sich die Musik größtenteils im mittelschnellen Bereich, hier und da lässt der Celloeinsatz aufhorchen, was an sich keine große Innovation darstellt, aber im Falle von LYRIEL schon für einige Freude und Abwechslung sorgt. A porpos LYRIEL: so tolkienisch, wie der Name klingt, so sehr mag er auch davon inspiriert sein, so findet sich auf dem Debütalbum „Prisonworld“ ein Song in Sindarin, der Sprache der Elben im Epos „Der Herr der Ringe“. Auf den ersten Eindruck hin kann ich eine solche Thematik für „Paranoid Circus“ nicht bestätigen, zumal der als Synchronsprecher bekannte Simon Jäger (u.a. Heath Leger) eine Passage aus Hermann Hesses „Der Wolf“ zitiert.
Ein weltbewegendes Album ist „Paranoid Circus“ trotz vieler Qualitäten aber trotzdem nicht geworden, nehmen wir uns an dieser Stelle die Zeit und gehen ein wenig auf die wenigen, aber dennoch vorhandenen Schwächen ein. Mir ist der Stoff unter dem Strich doch etwas zu glatt, zu sauber. Das fängt mit der Produkton an und geht mit dem Songwriting weiter. Schnelles Hereinfinden ist für den Konsumenten zwar immer ganz gut, aber man wünscht sich auch Lieder, die erst beim fünften oder zehnten Durchlauf zünden, ganz einfach, weil man gerne noch etwas auf Entdeckungsreise gehen will. Dies fehlt hier leider, wenn sich das Album erst einmal erschlossen hat (wie gesagt, das geht schnell), dann kommt nur noch wenig hinzu.
Das Fazit ist somit auch schnell klar: „Paranoid Circus“ ist ein nettes Album, ein freundliches Album, das keinem weh tut. Sämtliche Protagonisten liefern vernünftige Arbeit ab, machen es aber dabei sich und den Adressaten ein wenig zu leicht. Mit etwas Mut zur Progressivität könnte das nächste Album allerdings wirklich gut werden, Potential ist in jedem Fall vorhanden.
Wertung: 7.5 / 10