Review Lychgate – The Contagion In Nine Steps

Großbritannien mag nicht das erste Land sein, das man mit Extreme Metal assoziiert, doch es gibt auch in diesem Bereich definitiv einige namhafte Bands, die die große Insel ihr zuhause nennen – beispielsweise Cradle Of Filth oder Akercocke. Ebenfalls britisch und stilistisch extrem, aber noch nicht so bekannt sind LYCHGATE, die mit „The Contagion In Nine Steps“ ihre mittlerweile dritte Platte kreiert und veröffentlicht haben. Fans der ersten beiden Opeth-Alben und von Dimmu Borgir zur Zeit von „Enthrone Darkness Triumphant“ und „Spiritual Black Dimensions“ sollten jetzt gut aufpassen, denn durch seine ganz eigene Mischung aus Black, Doom und Symphonic Metal ist dem Quintett ein Werk gelungen, das Erinnerungen an den Zauber ebenjener Meilensteine wachruft, diesem aber einige neue Komponenten beifügt.

LYCHGATE als Nachahmungstäter zu deklarieren, täte ihnen zwar Unrecht, doch an sich lässt sich das Konstrukt der von ihnen zusammengestellten Stilmittel relativ leicht aufschlüsseln. Die imposanten Growls könnten etwa glatt aus der Kehle von Mikael Åkerfeldt stammen und die scharfkantigen und doch flüssigen sowie düster-melodischen Gitarrenleads wären auch auf einem Album wie „Orchid“ nicht fehl am Platz.

Den symphonischen Anteil bilden hingegen die geschmackvollen Klavierkompositionen und das groteske, rabenschwarze Orgelspiel, das den Hörer gleich zu Beginn des Eröffnungsstücks „Republic“ mit einem unkonventionell abgehackten Rhythmus in Beschlag nimmt. Mit schwülstigem Keyboard-Kitsch haben LYCHGATE erfreulicherweise nichts am Hut, sodass die morbide Eleganz der Piano- und Orgelarrangements zu keiner Zeit aufgesetzt erscheint. Dem erhabenen, Ehrfurcht gebietenden Grundton des Albums entsprechend spielen LYCHGATE nie allzu grobschlächtig – meist geben die Drums ein eher getragenes Tempo vor, um das sich die unheimlichen Gitarren wie die Ranken einer Schlingpflanze schlängeln.

In gewisser Weise hört sich „The Contagion In Nine Steps“ an, als würde man das efeubewachsene Herrenhaus eines diabolischen Schurken erkunden. Mal fühlt man sich wie in einem Ballsaal, in dem einen jeder Tanzschritt ein Stück näher ans Verderben bringt („Hither Comes The Swarm“), dann wiederum versetzen uns LYCHGATE durch den Klang hoffnungslos verhallender Clean-Gitarren in einen schummrigen Keller, aus dem es kein Entrinnen gibt („Atavistic Hypnosis“). Die ruhigeren Passagen, in denen manchmal auch der zurückgelehnte Bass auf sich aufmerksam macht, sind mitunter sogar noch eindringlicher als die tonnenschwer schleppenden Black-Doom-Abschnitte. Der oft, aber nicht ausschließlich im Chor eingesungene Klargesang verfinstert die schauderhafte Atmosphäre sogar noch weiter.

Hinsichtlich Produktion und Performance macht „The Contagion In Nine Steps“ noch einen leicht holprigen Eindruck, doch in ihrem Aufbau sind die sechs Songs, die das äußerst spannende Thema der Psychologie der Gruppendynamik aufgreifen, wahrhaft herausragend. LYCHGATE verwirren hier weder mit zu vielen Breaks, noch langweilen sie mit zu lange ausgezehrten Motiven, sodass die Briten letztlich genau das richtige, der Atmosphäre dienliche Maß an Variation gefunden haben. Die Düsternis, die LYCHGATE auf ihrem ambitionierten dritten Silberling heraufbeschwören, ist von geradezu greifbarer Dichte – selbst im verträumten „Remembrance“, welches das Album äußerst stimmig auflöst und damit ein letztes Mal den überaus gut durchdachten Aufbau der Platte aufzeigt.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

2 Kommentare zu “Lychgate – The Contagion In Nine Steps

  1. ich weiß nicht welches Album der Rezensent gehört hat, aber dieses hier hat absolut Null und Nichts mit Opeth oder den beiden genannten Dimmu-Scheiben zu tun.
    Nicht dass hier Leute auf eine falsche Fährte gelockt und irgendwelche nicht angebrachten Erwartungen geschürt werden.
    ‚The Contagion In Nine Steps‘ ist übrigens eine tolle, mächtig düstere Platte

    1. Hallo Hypnos,
      zuerst mal freut es mich, dass wir uns darin einig sind, dass Lychgate hier eine tolle Platte abgeliefert haben.
      Zu deiner Kritik: Zugegeben, die Vergleiche sind ein wenig gewagt. Ich meinte damit aber auch nicht, dass hier 1:1 abgekupfert wurde, weshalb ich auch versucht habe, es eher indirekt zu formulieren. Die Growls klingen für mich nach wie vor genau wie bei Opeth, ansonsten hatte ich aber etwas subtilere Assoziationen im Sinn. Die Gitarren erinnern mich an manchen Stellen klanglich an die ersten beiden Opeth-Platten – scharfkantig, aber sehr melodisch und verspielt, wenn auch in diesem Fall sogar noch düsterer als auf „Orchid“ oder „Morningrise“. Den Hinweis auf Dimmu habe ich mir deshalb erlaubt, weil das Album, wie du selbst schreibst, sehr mächtig klingt. Die Orgeln sind sehr finster und pompös (nicht kitschig!), da musste ich an die eine oder andere Stelle von „Spiritual Black Dimensions“ denken.
      Letztlich ging es mir hierbei nicht darum, Lychgate so darzustellen, als würden sie genau gleich wie die besagten Bands klingen, sondern eher, dass es einige Parallelen in der Atmosphäre gibt, die man hier geboten bekommt. Ich könnte mir schlicht gut vorstellen, dass Fans der besagten Bands dieses Album darum auch sehr schätzen würden, da kann so ein Hinweis manchmal hilfreich sein, um darauf aufmerksam zu machen, damit die Platte vielleicht doch ein paar Hörer mehr findet, die sich sonst nicht dafür interessiert hätten.

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