Review Lunar Aurora – Seelenfeuer

  • Label: Cold Dimensions
  • Veröffentlicht: 2005
  • Spielart: Black Metal

Eigentlich erschien „Seelenfeuer“ bereits einige Jahre zuvor via Voices Productions, doch gewisse Alben sind es wert, noch einmal aufgelegt zu werden. LUNAR AURORA haben dem Re-Release von „Seelenfeuer“ übrigens auch einen Bonus beigefügt: „Auf einer Wanderung“, bisher nur auf der „Split“ mit Secrets Of The Moon zu hören. Das Cover ist karg gehalten, unscheinbar und doch aussagekräftig. Ein dunkler, vermutlich sich im Winter befindender Wald wird erleuchtet von einem hellen Licht. Man kann darin Flammen sehen, vielleicht aber auch eher eine Aura oder eben das, was der Albumtitel verheisst: eine lodernde Seele. Ansonsten ist das Booklet geradezu charakteristisch für die Bayern. Texte versehen mit dem Foto eines jeden Bandmitgliedes. Beides in Einklang mit der Farbgebung und dem Leitfaden des Werkes gebracht.

„Seelenfeuer“ wirkt manchmal heiterer, melodischer als andere Werke von LUNAR AURORA. Die Keyboardmelodien sind sicherlich wie eh und je sehr schöner Natur, sie sind bejahend und umweben die anderen Instrumente; das Keyboard fügt der Musik eine adrette Facette hinzu. Doch sind diese Melodien bei aller Wertschätzung und Anerkennung ihrer Güteklasse nicht so ergreifend, wie man es sonst von den Jungs kennt. Nun, woran liegt das? Sicherlich daran, dass man sich hier nicht auf bedrückende, elegische Melodien konzentriert hat, sondern ein wenig hellere Kompositionen nutzt. Irgendwie beeindruckt mich dieses Album auch nicht in dem Maße wie üblich, es nimmt mir nicht den Atem und die Sinne, es entführt mich nicht. Freilich ist das Album kein schlechtes, es eröffnet sein Antlitz tatsächlich sogar nur ein wenig später. LUNAR AURORA haben hier komplexe, flüssige Lieder geschaffen, die letztlich exemplarisch für die Band stehen könnten. Das Klanggewand ist richtig gewählt, es lässt die Stücke melodisch und kraftvoll erscheinen. Die Akustikgitarren und überhaupt die Gitarren wissen zu überzeugen, sie sind teils ausschweifend und verschlungen komponiert, andererseits aber auch wieder zielstrebig. Der Gesang ist bodenständiger als man ihn von anderen Machwerken kennt. Exzellent nach wie vor, nur nicht weltentfremdet. Das ist auch der einzige Kritikpunkt; das Keyboard und der Gesang sind der Vorstellungskraft verhafteter, man folgt „Seelenfeuer“ leichter und klarer als es beispielsweise bei „Ars Moriendi“ oder „Zyklus“ der Fall ist.

Doch ich möchte noch die einzelnen Stücke im Wesentlichen, respektive ein wenig genauer besprechen und erläutern, wodurch sie bestechen. „Seelenfeuer“ bietet erstmal ein bedrohliches Szenario, unheilvolle und spacige Klänge, welche dann in „Mein Schattenbruder“ zum Höhepunkt geführt werden. Diese absolute Tristesse und Düsternis verblasst im Verlauf etwas und weicht filigranen Riffs. Nach annähernd der Hälfte der Spielzeit erhebt sich eine Akustikgitarre und lenkt das Lied in neue Bahnen. Doch nur oberflächlich, da hintergründig eine gewisse Mystik erhalten bleibt, welche sehr bald auch wieder ausbricht. „Augen aus Nichts“ wurde anfänglich Synthesizerklänge a la „Seelenfeuer“ impliziert. Von jenen her ist das Stück ohnehin äußerst reizvoll. „Schwarzer Seelenspiegel“ ist einfach gesagt ein gutes Lied. Es weiß zu gefallen, zeichnet sich aber in Relation gesetzt durch keine Besonderheiten aus. Einzig der Schluss ist hervorhebenswert, man darf einer Akustikklampfe und fast schon Geflüster lauschen. „Kerker aus Zeit“ ist wiederum ganz anderer Klasse. Schon die anfänglichen Keyboardtöne zeugen von einem atmosphärischen Schwerpunkt und das Stück ist generell ein sehr ausgefeiltes und gelungenes. LUNAR AURORA gelingt mit nur zarten Einsprengseln die Kreation ganz anderer Welten. „Kerker aus Zeit“ darf getrost als der Höhepunkt des Albums angesehen werden und ist ebenso eines der größten Werke der Bayern. „Der Geist des Grausamen“ beginnt scheinbar sanft, die Akustikklampfen geleiten den Hörer über oberflächliche Idyllen, doch von tief unten erklingen grauenvolle Laute. Die Musik erweist sich also tiefgründiger Natur.

LUNAR AURORA scheinen gen Ende des Albums nochmal zuzulegen, „Der Geist des Grausamen“ ist ein sehr einnehmendes und eindringliches Lied und vor allem sehr facettenreich. Breaks werden zum Einsatz gebracht, das Tempo wird hinuntergeschraubt und kleine Details wie Tierlaute kommen zum Einsatz. Doch die für die Band typische Songstruktur ist hier natürlich auch vorhanden. Gen Ende beschwört man dann ein dunkles Szenario herauf und lässt den Geist sprechen. Dieses Postludium ist sehr gut intoniert, es passt perfekt. Der Bonus „Auf einer Wanderung“ wirkt kaum wie ein Fremdkörper obwohl man spürt, dass das Album ursprünglich ohne ihn auskam, er wirkt nicht zu hundert Prozent integriert. Das liegt sicher auch daran, dass das Quartett ihre Alben grandios entwickelt, sie sind vollstens innerlich abgestimmt. Doch zum Track an sich: schlecht ist er wahrlich nicht, er ist sogar außerordentlich gelungen; beweist also, dass er mehr als bloße Füllmasse ist. Doch das wird vermutlich auch niemand gedacht haben.

Das Quartett erschallt sehr reif und voranschreitend. Kein Zweifel, „Seelenfeuer“ weiß auf ganzer Linie zu gefallen, es thront über den Dingen. Doch nicht über dem, welchem diese Dinge zugehörig sind. Somit verbleibt ein spielerisch bravouröses und ein emotional starkes Album mit einem größeren Keyboardanteil als bei anderen LUNAR AURORA-Werken. Nicht weniger, doch leider auch nicht mehr, es erreicht die späteren meisterlichen Werke nicht ganz.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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