Zugegeben, ich kenne nicht viele polnische Death-Metal-Bands. Genauer gesagt, bis zu LOST SOUL keine einzige. Dementsprechend fehlt es mir an Vergleichsobjekten, zumindest, was die Nationalität betrifft (Zwar gibt es ja ihre Landsmänner von Behemoth und Vader, aber von denen habe ich noch nie etwas gehört). Eigentlich ist es auch egal, woher eine Band kommt, solange die Qualität stimmt. Zumindest kann ich so vollkommen unvoreingenommen an diese CD herangehen. Der Bandname LOST SOUL klingt ja schonmal einigermaßen düster und auch das Cover lässt vermuten, dass man es hier mit einem Sound zu tun bekommt, der einen in ein großes schwarzes Loch ziehen soll – nicht umsonst ist das Album mit dem Satz „Tauch ein in die Unendlichkeit“ betitelt.
Vielleicht bilde ich mir es nur ein, aber ein wenig lässt sich dieses Motto in den sehr langen(dabei aber niemals langweiligen oder –atmigen) Songs von LOST SOUL wiederfinden. Zwar erscheint „Immerse In Infinity“ zuerst wie ein normales Death-Metal-Album, mit den üblichen Zutaten aus einer Menge Blastbeats, bösen Growls und tief gestimmten Gitarren. Jedoch garnieren LOST SOUL diese mit einer Reihe äußerst technischer und einfach sehr stimmiger Soli, kurzen Tempowechseln, mit denen sie es aber nie übertreiben und atmosphärischen Riffs, die den Hörer immer tiefer in dieses Klanguniversum hineinziehen. Möglich gemacht wird dies durch die sehr variable Gitarren-und Drumarbeit der Band: Hier wird gesweept und getappt, was das Zeug hält, alles natürlich in höchster Geschwindigkeit, auch die Riffs variieren innerhalb der Songs ausreichend, um die nötigen Spannungsbögen zu erzeugen.
Hinzu kommt, dass LOST SOUL mehrere Songs sehr gemächlich starten, was ihnen eine ganz leicht progressive Note verleiht – auf jeden Fall kommt es in meinen Ohren sehr durchdacht rüber. „…If The Dead Can Speak“ startet fast mit einem fast schon hardcore-ähnlichen Groove, die durchblitzenden Melodie-Ansätze, vor Allem in „One Step Too Far“ und „Breath Of Nibiru“ sorgen für ein anständiges Maß an Eingängigkeit, und in „Simulation“ bedienen sich LOST SOUL sogar Bongos – die einsetzenden Gitarren und ein im Hintergrund ertönender Kirchengong verleihen dem Lied zu Beginn eine doomige Note, die man so sonst auf „Immerse In Infinity“ auch noch nicht gehört hat. Einziger, dennoch wichtiger Kritikpunkt: Hier und da hätten ein wenig kompaktere Songstrukturen den Liedern nicht geschadet, zu verspielt kommen LOST SOUL teilweise daher.
Bleibt die Frage, wo LOST SOUL letztendlich stehen: Freunde schnellen und technischen Death Metals werden mit den Polen auf jeden Fall ihre Freude haben. Wer auf kanadischen oder amerikanischen Death à la Beneath The Massacre oder The Last Felony beziehungsweise Job For A Cowboy oder Cannibal Corpse steht, darf im Prinzip bedenkenlos zuschlagen, wenn ihn der schon angesprochene Hang zur Frickelei nicht stört – LOST SOUL bedienen sowohl den technischen Aspekt Ersterer als auch, annähernd, den Abrissbirnen-Effekts der anderen beiden. Ein gemeinsamer Nenner dürfte aber auch bei vielen anderen Bands bestehen, die ich zwecks Vermeidung einer überlangen Rezension hier ungenannt lassen möchte.
Wertung: 7.5 / 10