Ich weiß nicht, ob ich bisher schon mal eine Leitzmappe zu einer Promo-CD dazubekommen habe. LOSS OF CHARITY scheinen die ganze Sache aber sehr ernst zu nehmen und schicken hier ihre ganzen Bewerbungsunterlagen mit – schön mit Anschreiben und Lebenslauf (natürlich mit Foto). Dass sie keine Zeugnisse beigelegt haben, liegt schlicht und ergreifend daran, dass es LOSS OF CHARITY noch nicht so lange gibt. Gegründet wurde das Sextett aus dem schwäbischen Reutlingen 2011 und hat seitdem auch schon die halbe Mannschaft wieder ausgewechselt. So zeichnen sich aus der aktuellen Besetzung nur noch Schlagzeuger, Keyboarder und ein Gitarrist für das vorliegende Debütalbum „Outside The Shadows“ verantwortlich.
Musikalisch orientieren sich die Schwaben an Bands wie In Flames oder Dark Tranquillity, also der klassischen Göteborger Schule des Melodic Death Metal. Wie bei jungen Bands nicht ungewöhnlich bleiben sie dabei sehr eng bei ihren Vorbildern und schaffen es auf „Outside The Shadows“ noch nicht sich einen eignen Stil zuzulegen. Für den ersten regionalen Erfolg ist das auch nicht unbedingt nötig, denn die Stücke von LOSS OF CHARITY gehen so viel leichter ins Ohr und die Latte an bisher gespielten Konzerten scheint die Livetauglichkeit der Jungs und ihrer Musik zu bestätigen. Auch instrumental ist vieles schon im grünen Bereich:
Besonders die Gitarristen können schön zeigen, dass sie ihre Instrumente beherrschen und liefern immer wieder die typischen, zweistimmigen Gitarrenläufe (schönes Beispiel: „Heal My Scars“). Blastbeat wie beispielsweise in „Pale Inside“ hingegen verkommt leider zum stumpfen Geballer und auch ruhigere Teile leben eher vom dezent eingesetzten Keyboard als vom gefühlvollen Gitarrenspiel.
Schwachpunkt der Platte ist neben dem durchschaubaren Songwriting bzw. der mangelnden Eigenständigkeit vor allem der Gesang. Wer im Einzelnen der Übeltäter ist, lässt sich nicht mehr rekonstruieren (auch die Gitarristen zeichnen sich für Background Gesang verantwortlich). Jedenfalls sind die Passagen mit Klargesang durch die Bank misslungen und auch der Versuch mit einer Frauenstimme in „Why“ etwas Abwechslung in die Musik zu bringen, gelingt nur bedingt. Die Screams hingegen klingen solide, wenn auch auf Dauer recht monoton.
Ist das nun ein Problem für LOSS OF CHARITY? Nein, aber ein Problem für ihr Debüt „Outside The Shadows“. Mit der Neuverpflichtung von Thomas Melchert, hat sich die Band einen erfahrenen und sehr starken Sänger sichern können, der sowohl mit klaren wie auch harten Tönen bestens umzugehen weiß und die Band sicherlich auch im Songwriting ein gutes Stück voran bringen kann. LOSS OF CHARITY scheint sich dessen bewusst zu sein und so kann man bereits auf der Seite der Band vielversprechende Aufnahmen mit dem neuen Line-up anhören.
LOSS OF CHARITY zeigen auf „Outside The Shadows“ klar die Richtung an in die sie künftig gehen wollen. Wenn sie es nun noch schaffen, einen individuelleren Sound zu kreieren wird man von den Schwaben noch mehr zu hören bekommen, die nötigen Besetzungswechsel haben sie bereits vollzogen. Den Kauf von „Outside The Shadows“ kann ich aufgrund der genannten Mängel nicht uneingeschränkt empfehlen, vielmehr rate ich dazu die Band zu beobachten und dann zügig die nächste Scheibe abzugreifen!
Wertung: 6.5 / 10