Review Los Sin Nombre – Blind Leading Blind

Die Namenlosen – das bedeutet „LOS SIN NOMBRE“ in unserer Sprache. Dass man sich mit so einer Bandbezeichnung trotzdem einen Namen machen kann, beweist der Fünfer mit seinem Debütalbum „Blind Leading Blind“. Schon nach wenigen Sekunden bemerkt man, dass die Schweden bis auf ihren Namen nichts mit dem spanischen Sprachraum zu tun haben, denn LOS SIN NOMBRE spielen astreinen Melodic Death Metal, wie er im Lehrbuch der Göteborger Schule steht. Die Band existiert seit 2004 und hat in den vergangenen Jahren mit diversen Demos auf sich aufmerksam gemacht.

Nun steht das erste Langeisen ins Haus, und das haut einem mit dem Opener „Ashes To Ashes“ erst mal ordentlich den Putz von der Wand. Die Nummer besticht durch cooles, vorwärts preschendes Riffing, gibt in den Strophen richtig Gas und bremst dann für einen melodiösen Refrain ab. Klingt zwar insgesamt sehr nach Schema F des modernen Metals, passt jedoch gut, um sich mit dem Stil der Band vertraut zu machen. Die musikalische Nähe zu den Landsmännern von In Flames und Soilwork ist omnipräsent, aber auch Killswitch-Engage-Anleihen sind durchaus zu vernehmen. Gesangliche Vergleiche mit einem Howard Jones sind dann aber doch eher unangebracht, dafür lässt Sänger Pär Palm einfach zu sehr den Schreihals raushängen. Unterstützt wird Palms Darbietung durch eine sehr druckvolle und alles in allem anständige Produktion, die jeden Liebhaber modernerer Soundgefilde mit der Zunge schnalzen lässt.

Nach dem energetischen Einstieg verteilt die Schweden mit dem zweiten Song „Bleed“ gleich den nächsten Satz heiße Ohren. Auch hier regieren Uptempo-Beats und Palms wütendes Organ, der Track kommt unterm Strich aber abwechslungsreicher als sein Vorgänger daher. Mit dem Titeltrack „Blind Leading Blind“ bekommen wir den ersten Höhepunkt des Albums geboten. Der Song wartet mit fettem Riffing auf, während sich im Refrain melodischer Gesang und aggressive Shouts abwechseln. Die für Bandverhältnisse fast schon konservative Songstruktur schmälert den Unterhaltungsfaktor dabei kaum. Weiter geht es mit dem geradlinigen Rocker „Breaking Silence“, der mit seinem mitreißenden Refrain vor Augen führt, dass die Schweden hier durchaus mit Leidenschaft und Elan bei der Sache sind und nicht unbedingt nur auf einer Trendwelle mitschwimmen wollen. Mit „Enemy“ dreht die Band anschließend das Tempo etwas zurück. Die Nummer überrascht mit unverzerrten Gitarrenklängen und klarem Gesang, bäumt sich im Refrain dann aber zu einem groovigen Energiebrocken auf.

LOS SIN NOMBRE schaffen es, das doch ordentliche Niveau bis zum Schluss zu halten. Mit „Passing Through“ bietet die Scheibe sogar ein ruhiges, cleanes Instrumental, das man als willkommene Verschnaufpause vom stampfenden Durchmarsch der übrigen Lieder betrachten kann. Als Rausschmeißer bietet der Fünfer mit „Wounds“ eine etwas mäßigere, getragenere Nummer, bei der man allerdings vor allem in den ruhigen Strophen das Gefühl hat, dass Palm den Song in Grund und Boden schreit. Seine etwas melodischere Seite hat er in anderen Songs unter Beweis gestellt, warum er nun gerade in einem der spärlich gesäten balladesken Liedern unpassenderweise brüllt wie ein Ochs am Spieß, will sich mit nicht so recht erschließen.

Wen das nicht weiter stört, der kann sich an einem durchweg soliden, handwerklich gut gemachten Album erfreuen, dass trotz des stellenweise monotonen Gesangs und der Presslufthammer-Methode, mit der die meisten Songs angegangen werden, sicherlich unterhaltsam sein kann. Ich persönlich bin mit dem Göteborger Sound nie richtig warm geworden, deshalb klingen die Lieder in meinen Ohren alle ziemlich gleich. Ob es nun an mir oder der Performance der Band liegt, dass auch nach mehreren Durchläufen nahezu gar nichts hängen geblieben ist, sei dem Hörer überlassen. Immerhin ist es nicht von der Hand zu weisen, dass  LOS SIN NOMBRE hier zumindest einen Achtungserfolg erzielt und es dabei geschafft haben, so ausgereift und erwachsen zu klingen, wie es nicht jede Gruppe auf ihrer ersten Scheibe hinbekommt. Ob die Schweden aber tatsächlich die auf dem Waschzettel prophezeite zukünftige Schlüsselrolle im Genre einnehmen werden – ich wage es zu bezweifeln.

Anspieltipps: „Ashes To Ashes“, „Blind After Blind“, „Enemy“, „Raised In Anger“

Wertung: 7 / 10

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