Das Cover von "Isle Of Wrath" von Long Shadows Dawn

Review Long Shadows Dawn – Isle Of Wrath

  • Label: Frontiers
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Heavy Metal

Die italienische Plattenfirma Frontiers Records ist mittlerweile weltweit dafür bekannt – wenn nicht gar berüchtigt -, dass sie Monat für Monat neue „Bands“ bestehend aus allerhand hochkarätigen Musikern der traditionellen Rock- und Metal-Szene ausspuckt. Die Kritik, dass dabei größtenteils seelenlose Auftragsarbeiten von Chef-Ausputzer Alessandro Del Vecchio für Plattenboss Serafino Perugino herauskommen würden, trifft oftmals zu. Es lohnt jedoch stets die Einzelfallbetrachtung: Ungeachtet der künstlichen Entstehungsbedingungen kommen da nämlich oft allerhand ebenso talentierte wie erfahrene Musiker zusammen, die andernfalls nie zueinander gefunden hätten. So auch im Falle von LONG SHADOWS DAWN, wo mit dem legendären Sänger Doogie White (u. a. Rainbow, Yngwie Malmsteen) und dem Persuader-Gitarristen Emil Norberg zwei Vertreter ganz unterschiedlicher Lager aufeinandertreffen.

Nach eigener Aussage haben LONG SHADOWS DAWN mit „Isle Of Wrath“ ein Album anvisiert, das sich an den großen Bands der (späten) 70er und deren Schaffen in den frühen 80ern orientiert. Dieser Plan geht auf: Schon der Opener „Deal With The Preacher“ punktet mit druckvollen Riffs unterlegt mit dezenter Hammondorgel, was sofort nach Bands wie Rainbow klingt. Das stark von Platten wie „Long Live Rock ’n‘ Roll“ inspirierte „On Wings Of  Angels“ intensiviert diesen Eindruck noch und auch in Songs wie „Master Of Illusion“ schwingt sich Gitarrist Norberg unverkennbar zu Riffs nach Art von Ritchie Blackmore auf. Das Duo Norberg/White hat also ganz klar verstanden, wie der in Frage stehende Sound funktioniert und weiß das auch erfolgreich umzusetzen.

Neben eindeutigen Rainbow- und Deep-Purple-Zitaten wie in den erwähnten Nummern oder auch „Where Will You Run To?“ wurden LONG SHADOWS DAWN aber auch ganz klar von deren geistigen Nachfolgern beeinflusst. Songs wie „Raging Silence“, „Star Riders“ oder „Steeltown“ klingen stark nach Alcatrazz und vor allem „Hallelujah Brother“ lässt sofort an MSG denken – bei beiden Bands war mit Graham Bonnet ja ebenfalls ein ehemaliger Rainbow-Sänger beschäftigt und ohne Mr. Blackmore wären ihre Gitarristen sicher nie zu dem geworden, was sie heute sind. Es lässt sich also festhalten, dass LONG SHADOWS DAWN keinen einzigen Ton spielen, den sie sich nicht anderswo abgeguckt hätten. Zu ihrer Verteidigung sei allerdings erwähnt, dass es ihnen auch genau um diese Art des Nacheiferns geht. Und da muss man ihnen lassen, dass sie elf überraschend gute Songs zustande gebracht haben.

Gitarrist Emil Norberg hat das Riffing besagter Vorbilder voll verinnerlicht und setzt es hier hervorragend um. Auch in den Leadgitarren gibt der Schwede den Blackmore und wenngleich er sich durch schöne Melodieführung hervortut, hört man seinem Spiel doch an, dass sich der Persuader-Axtmann damit nicht voll in seiner Komfortzone befindet – dennoch ist es schön, ihn mal von einer anderen Seite erleben zu können. In erster Linie lebt die Musik von LONG SHADOWS DAWN jedoch von der großartigen Performance von Doogie White, denn der 61-Jährige klingt hier genauso gut wie seinerzeit bei Rainbow – nie wird das deutlicher als in der Gänsehaut erzeugenden Ballade „Never Wrote A Love Song“.

Was Projekte von Frontiers-Boss Perugino angeht, so ist LONG SHADOWS DAWN sicherlich eines der besseren. Sowohl die erdige, organische Produktion als auch das überraschend hochwertige Songmaterial machen deutlich, dass Alessandro Del Vecchio hier keine Finger im Spiel hatte und die Herren White und Norgren weitestgehend machen konnten, wozu sie Lust hatten. Herausgekommen ist eine in keiner Weise originelle, aber unerwartet authentische Huldigung der großen Hard-Rock- und Metal-Bands der 70er und 80er, die in jeder Note die ehrliche Liebe zu den angeführten Vorbildern transportiert. Kaum zu glauben, aber „Isle Of Wrath“ ist das Produkt einer absolut künstlichen Verbindung von Musikern, dabei jedoch uneingeschränkt zu empfehlen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert