Long Distance Calling Eraser Artwork

Review Long Distance Calling – Eraser

Dass instrumentale Musik durchaus auch ein inhaltliches Konzept verfolgen kann, ist nicht neu. Allerdings ist die Konsequenz, mit der sich LONG DISTANCE CALLING auf ihrem neuen Album „Eraser“ einem aktuellen und sehr wichtigen Thema widmen, bemerkenswert, ist doch jeder der neun Songs einer bedrohten Art auf diesem Planeten gewidmet. Das Video zum Titeltrack entstand sogar in Kooperation mit Greenpeace, die passendes Videomaterial zur Verfügung stellten. Alles ausgesprochen lobenswert, aber wie schaut es mit der musikalischen Substanz dahinter aus?

Bereits beim ersten Durchlauf fällt auf, dass LONG DISTANCE CALLING auf „Eraser“ härter unterwegs sind als auf dem 2020 erschienenen „How Do We Want To Live?“. Statt (wenn auch ausgesprochen gelungenen) proggigen Passagen und Synth-Spielereien dominieren rockige, bisweilen sogar metallische Strukturen auf Albumlänge. Stumpf ist das Album aber deshalb noch lange nicht, sondern ziemlich technisch, ohne sich dabei in Frickeleien, die nicht im Ohr hängen bleiben, zu verlieren. Auf halber Strecke der rund 60 Minuten von „Eraser“ gibt es mit dem dem Faultier gewidmeten „Sloth“ auch eine angenehm atmosphärische Überraschung (inklusive melancholischem Saxophon-Spiel von Shinings Jørgen Munkeby).

Ansonsten lustwandelt das Quartett mit großer Spielfreude durch sämtliche Varianten härterer instrumentaler (Post-)Rock- und Metalmusik, wodurch sich „Eraser“ stilistisch eher in der Pelican- als in der Mogwai-Schublade einordnen lässt. „Kamilah“ oder auch „Blades“ (erstgenannter Song ist dem Gorilla, der zweite dem Nashorn gewidmet) kommen nicht nur in Sachen Schlagzeugspiel äußerst metallisch daher (viel Liebe für das Double-Bass-Gewitter in „500 Years“), auch die Gitarrenriffs und der Bass sind angenehm fett. Insgesamt gibt es in Sachen Produktion nichts zu meckern: Im Gegensatz zum Vorgänger wieder eher warm und (gefühlt) analoger, bummst es untenrum ganz schön, was durch schön bearbeitete und seidige Höhen und einen gewissen Live-Charakter perfekt ergänzt wird.

Obwohl LONG DISTANCE CALLING das Post-Rock-Rad nicht gerade neu erfinden, macht „Eraser“ auf Albumlänge Spaß und ist ein toller Kopfkinosoundtrack. Es gibt keine musikalischen Ausfälle (aber auch nicht den ultimativen Highlightsong) zu verzeichnen, die Platte ist abwechslungsreich, kurzweilig sowie ton- und musiktechnisch hervorragend umgesetzt. Schön, dass die Münsteraner nach über 15 Jahren, sieben Alben und diversen EPs immer noch innovationsstark unterwegs sind und nicht uninspiriert auf der Stelle treten. Für Freunde des Genres ist Anspielen definitiv Pflicht. Für alle anderen Fans des gepflegten Gitarrenspiels aber eigentlich auch.

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Wertung: 9 / 10

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