Review Linkin Park – A Thousand Suns

LINKIN PARK sind tot – jedenfalls die LINKIN PARK, die man bis dato kannte. Der Wandel, der sich schon mit dem letzten Langspieler „Minutes To Midnight“ andeutete, hat sich jetzt endgültig vollzogen. Vorbei sind die Tage feinsten New Metals – willkommen, elektrogetränkte Mischung aus Synthesizer-Rock, Alternative und Techno! Wer jetzt schon sagt „Au weia, ohne mich“, der sollte die Arschbacken zusammen klemmen und trotzdem am Ball bleiben – „A Thousand Suns“ könnte das durchaus wert sein.

Das Schlechte aber zum Anfang: Mit ihrer neuen Scheibe haben die Kalifornier so ziemlich alle ihrer Trademarks verstoßen, an die alten Alben, mit denen zahlreiche Musikpreise, Platin- und Goldauszeichnungen gewonnen wurden, erinnert nichts mehr. Stattdessen erwarten einen bereits beim Opener „The Requiem“ feinste Elektrobeats, ebenso elektrisch aufgearbeiteter Frauengesang – und mit dem darauffolgenden „The Radiance“ eine Rede von J. Robert Oppenheimer als kurzes Interlude. „Burning In The Skies“ geht nicht minder elektronisch weiter, lebt von seinem Techno-Beats im Hintergrund, ehe langsam Keyboard und Lead-Gitarre einsetzen. Wer nun aber auf ähnlich metallische Gitarrenklänge hofft, wie man sie von LINKIN PARK eigentlich gewohnt ist, wird enttäuscht. Viel mehr wohnt der Sechssaiterfraktion stellenweise ein interessanter Post-Rock-Touch inne; die nächste Überraschung ist perfekt. Die Motive hinter „A Thousand Suns“ lassen sich freilich nur erahnen, ebenso der Sinn hinter unnötigen Lückenfüllern wie „Empty Spaces“ und „Jornada Del Muerto“.
Vertracktes Schlagzeugspiel ebnet den Weg für kurze Rap-Parts („When They Come For Me“), dicht gefolgt von den Ohrwurm-Garanten „Robot Boy“ und dem überragenden „Waiting For The End“. Ein absolut mitreißender Beat in Symbiose mit einem dominanten Piano, Gruppengesang und schlüssig arrangierte Rhythmus- und Stimmungswechsel machen die beiden Songs nicht nur sehr hörenswert, sondern stehen auch für ein Maß an Abwechslung, das man von den US-Amerikanern bisher so nicht kannte. Allen voran kann sich DJ Joseph “Mr.” Hahn bei Übertracks wie „Blackout“ austoben, kreiert eine scheinbar harmonische Grundstimmung, die sich mit einem amtlichen Groove allerdings schnell zur aggressivsten Nummer der Scheibe entwickelt und, auch in Form des darauffolgenden „Wretches And Kings“, für einen Sekundenbruchteil die alten LINKIN PARK durchschimmern lässt.
Dass das aber nicht mehr als ein kleines Déjà-vu ist, unterstreicht „The Catalyst“. Weil der Titel als erste Singleauskopplung auf die gespannt wartenden Fans losgelassen wurde, kommt man nicht umhin zu denken, dass das Sextett gleich von Anfang an und unmissverständlich klarstellen wollte, was einem mit dem Silberling erwarten wird – ein mutiger Schritt. Für den entsprechenden Wiedererkennungswert sorgt im Anschluss die mit Akustikgitarren angereicherte Power-Ballade „The Messenger“ mit dem – an sich durchaus unverwechselbaren – Gesang von Frontmann Chester Bennington, der sich zum Schluss auch nicht nehmen lässt, nochmal so richtig loszuröhren.

Wenn man böswillig auf „A Thousand Suns“ blickt, kann man durchaus sagen, dass sich LINKIN PARK nicht gescheut haben, so verträglich wie möglich zu klingen um damit eine möglichst breite Masse anzusprechen. Objektiv betrachtet haben die mehrfachen Platin-Gewinner das weder nötig, noch kann es die Intention gewesen sein. Wie schon der Vorgänger wurde Album Nummer vier vom Erfolgsproduzent Rick Rubin veredelt – allein das konnte schon als Anzeichen für einen erneuten einschlagenden Erfolg gewertet werden. Letztendlich überzeugen LINKIN PARK mit „A Thousand Suns“ dann auch jeden, der aufgeschlossen genug und bereit ist, diesen neuen Weg zu akzeptieren. Dann sollte man schnell erkennen, dass dieser Silberling in all seinem Facettenreichtum eine erstklassige und absolut hochwertige Mischung aus Elektro-Klängen, Synthesizer-, Alternative- und Pop-Rock ist, deshalb: Bis auf wenige Mankos der nächste Geniestreich aus dem Hause LINKIN PARK.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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