Review Lindemann – Skills In Pills

  • Label: Warner
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Electronic

Schon die Ankündigung dieses Projektes schlug ein wie eine Bombe: Peter Tägtgren, schwedischer Metal-Produzent, Sänger der Death-Metaller Hypocrisy und Kopf des Elektro-Metal-Projektes Pain, macht gemeinsame Sache mit Deutschlands wohl bekanntestem Rock-Sänger, Till Lindemann. Ein Mann, der sich auf harte Riffs, Elektronika und Produktion versteht, trifft auf den Meister des gerollten R, das Rammstein zu Weltruhm verhalf – definitiv also ein Projekt mit Potenzial.

Mit der Euphorie ist es jedoch bald vorbei, widmet man sich dem Debüt „Skills In Pills“ erst einmal eingehender als nur durch Betrachtung der lustigen Bildchen im Booklet. Dann wird nämlich schnell klar, dass keiner der beiden seinen Part wirklich zufriedenstellend erfüllt hat: Während Peter sich scheinbar zum Ziel gemacht hat, mal ein wirklich belangloses Pain-Album aufzunehmen und die Songs dem im Gothic verwurzelten Till zu Liebe mit kitschigem Pathos zu überladen, hat dieser sich mit englischen Texten revanchiert, um Peter an seinen lyrischen Ergüssen teilhaben zu lassen. Wer Songs wie „America“, „Pussy“ oder „Stripped“ kennt, weiß, dass auch das keine allzu gute Idee ist.

In der Folge klingt die Musik auf „Skills In Pills“ in ihren starken Momenten nach Pain (gleich der Opener und Titeltrack mit seinen Parallelen zu „Zombie Slam“ ist hier ein perfektes Beispiel), in ihren schwächeren nach billigem New Wave / Dark Metal, wie man ihn in jeder Gothic-Disko rauf und runter hören kann – in ähnlicher Qualität, allerdings von deutlich weniger prominenten Interpreten.
Auch gesanglich bleibt LINDEMANN auf ebendiesem Niveau: Mag Tills konsequent deutsche Aussprache des Englischen auch noch so typisch für den Rammstein-Sänger sein – als Stilmittel kann man dieses bisweilen nur schwer erträgliche Unvermögen beim besten Willen nicht durchgehen lassen. Man stelle sich bloß einmal vor, eine Newcomer-Band würde sich mit solchem Vorschul-Englisch um Sendezeit oder einen Plattenvertrag bemühen …

Erschreckender noch als die Aussprache sind die Texte selbst. Jedoch nicht ihres Inhalts wegen, sondern weil Lindemanns Lyrik in der Fremdsprache schlichtweg jedweder Witz, jede subtile Pointierung verloren geht. Was bleibt, sind platte Texte über Transsexualität („Ladyboy“), Fat Admiring („Fat“) oder Urophilie („Golden Shower“), die in einer aufgeklärten Gesellschaft und in Zeiten von „50 Shades Of Grey“ nicht einmal mehr sexuell kreativ sind – von provokant ganz zu schweigen. Diesen selbstgestellten Anspruch erfüllt höchstens noch das (auch im Musikvideo) drastisch überzeichnete „Praise Abort“, welches sich vom Niveau ungefähr auf einem Level mit dem Rammstein-Track „Pussy“ bewegt, dabei aber Witz und Wumms vermissen lässt.

Wem Bands wie die Deathstars zu soft sind, der wird an LINDEMANN keine Freude haben. Denn wer sich im Vorhinein der Hoffnung hingegeben hatte, LINDEMANN könnte durch das Mitwirken von Peter Tägtgren musikalisch härter ausfallen als Rammstein, wird hier rasch eines Besseren belehrt: Sieht man von dem einen oder anderen „schmutzigen Vers“ ab, ist „Skills In Pills“ definitiv das radiotauglichste Album, an dem Peter Tägtgren oder Till Lindemann je mitgewirkt haben. Der eine oder andere Ohrwurm bleibt dem Hörer so zweifelsohne – ob man sich darüber freuen kann, steht auf einem anderen Blatt.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 5.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert