Das Artwork des Lindemann-Albums "F & M"

Review Lindemann – F & M

Die Kooperation zwischen Peter Tägtgren und Till Lindemann als das Industrial-Duo LINDEMANN war schon 2015 eine kleine Sensation. Das Debüt „Skills In Pills“ jedoch war weniger sensationell – um nicht zu sagen: eine herbe Enttäuschung. Nun nehmen LINDEMANN einen zweiten Anlauf – als Studioprojekt mit ihrem neuen Album „F & M“, 2020 dann sogar erstmalig als Liveband auf Europas Bühnen.

Doch „F & M“ ist nicht nur ein neuer Anlauf, sondern eher ein Neustart. Die Unterschiede zum Vorgänger sind nämlich elementar: Till Lindemann scheint sich eingestanden zu haben, dass ein Till Lindemann auf Deutsch texten muss – und Peter Tägtgren schreibt endlich wieder die Musik, die ihm liegt.

So klingt ein Großteil der „F & M“-Songs stilistisch, als hätte Tägtgren diese aus der Pain-Schublade geholt: Industrial-Sounds und Synthie-Orchester treffen auf stampfende Riffs und Slidegitarre – einfach, aber effizient arrangiert. Dazwischen finden sich immer wieder auch ruhigere Nummern mit Akustikgitarre und Streichern, wie man sie zuletzt auch auf „Coming Home“ von Pain immer wieder zu hören bekommen hatte („A Wannabe“, „Coming Home“). Doch LINDEMANN gehen noch weiter, ob nun mit „Ach so gern“, das zwischen Chanson und Tango oszilliert, oder mit den Piano und Streichern geführten Balladen „Schlaf ein“ und „Wer weiß das schon“. Um musikalische Ideen sind LINDEMANN diesmal wahrlich nicht verlegen. Die auf „Skills In Pills“ noch sehr deutlichen Verweise in Richtung New Wave/Dark Metal wurden dafür dankenswerterweise komplett gestrichen.

Noch bedeutsamer jedoch ist der Wechsel der Textsprache, können damit nun endlich auch LINDEMANN von Tills Talent im Umgang mit der deutschen Sprache profitieren. Verglichen mit den nur auf den ersten Blick provokanten, im Endeffekt aber schlicht banalen englischsprachigen Lyrics auf „Skills In Pills“ spielt das Textwerk zu „F & M“ in einer gänzlich anderen Liga: Düster, aber stets von Lindemannschem Humor und Lindemannscher Logik durchzogen, brauchen sich die Texte etwa zu „Knebel“ oder „Ich weiß es nicht“ nicht vor denen auf „Rammstein“ verstecken. Und welcher deutsche Texter außer Till Lindemann könnte „Leben ist einfach, einfach zu schwer – es wäre so einfach, wenn es einfacher wär'“ singen („Knebel“) oder als Refrain ein fröhliches „Ai-ai-ai“ („Frau & Mann“) ausrufen, ohne sich damit lächerlich zu machen? Eben.

Rammstein-affine Hörer dürften deswegen trotz der musikalischen Unterschiede schnell Zugang zu den Songs auf „F & M“ finden – vielleicht mit Ausnahme von „Platz Eins“, der in seiner selbstherrlichen Attitüde als Deutschrap besser funktionieren würde, und dem tatsächlich Hip-Hop-lastigen „Mathematik“. Zumindest letzterem kann man leicht entgehen: Die Klamauk-Nummer mit dem Lindemann-Rap hat es nur auf die limitierte Edition von „F & M“ geschafft – ohne Haftbefehl-Feature und merklich ruhiger arrangiert.

Fetzig, witzig, schmutzig, schnulzig – „F & M“ ist alles das. Dass LINDEMANN dabei musikalisch wie textlich seichter bleiben als Rammstein und Pain ist so offensichtlich, dass es kaum Zufall sein kann. Entsprechend sollte man „F & M“ als das annehmen, was es wohl sein soll: Ein leichtes Album für zwischendurch, mit dem weder Peter Tägtgren noch Till Lindemann auch nur den Anspruch haben, einem Anspruch zu genügen. Die daraus resultierende Ungezwungenheit ist die eigentliche Stärke des Albums, das mit guten Ohrwürmern erfolgreich die Erinnerungen an das enttäuschende Debüt überschreibt: Leben ist einfach, einfach zu schwer …

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Wertung: 8 / 10

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2 Kommentare zu “Lindemann – F & M

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