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Review Leonov – Procession

Ganz fünf Jahre haben LEONOV gebraucht, um mit „Procession“ den Nachfolger des von Fachpresse und Musikhörern gleichermaßen geschätzten Vorgängeralbums „Wake“ zu veröffentlichen. Das norwegische Quintett hat sich dabei allerdings nicht grundsätzlich neu erfunden, sondern lediglich die Rezeptur verfeinert – von Stagnation kann also keine Rede sein, denn der Doom Metal ist zugunsten einer spürbareren Post-Metal-Schlagseite in den Hintergrund getreten.

Fans der genannten Genres wissen natürlich, dass die Grenzen zwischen diesen beiden Sparten durchaus fließend verlaufen. Grundsätzlich steht auf „Procession“ eine intensive, wenn auch nicht per se düstere Atmosphäre im Mittelpunkt, regelmäßig geprägt durch starken Einsatz von Hall vor allem auf der Stimme von Frontfrau Tåran Reindal und der einen oder anderen Leadgitarrenpassage. Hier gibt es durchaus Shoegaze-Momente, was einen schönen Kontrapunkt zum metallischen Unterbau bietet, denn einzelne Songabschnitte (wie die ersten Takte von „Zora“) kommen nach wie vor sehr doomig daher – ein Eindruck, der durch die dreckige Rhythmusgitarre und die fetten Drums noch verstärkt wird.

Gerade die erste Albumhälfte profitiert von dieser Mischung ungemein. Der Opener „Amer“ (das kurze Intro „Rem“ mal nicht mitgezählt) überrascht im letzten Drittel sogar mit ziemlich harschen Growls, ist damit aber (leider) die Ausnahme. Derartige Ausbrüche hätten sich im weiteren Verlauf der Platte sicherlich gut gemacht. Doch auch der Titeltrack „Procession“ und das zuvor erwähnte „Zora“ wissen zu überzeugen und steigern sich Post-Metal-typisch in immer härtere und intensivere Gefilde.

Bedauerlicherweise ist die zweite Albumhälfte etwas schwächer und gleichförmiger, was im Song „Mesos“ das erste Mal wirklich auffällt. Das macht LEONOVs dritten Longplayer zwar nicht zu einem schlechten Album, da die einlullende Atmosphäre auch hier ihre Wirkung nicht verfehlt und die letzten drei Tracks ohne Frage starke Momente haben. Trotzdem beschleicht einen manchmal das Gefühl, die eine oder andere Harmonie zuvor schon mal gehört zu haben bzw. zu wissen, was es die nächsten Minuten auf die Ohren geben wird. Das ist wohl Fluch und Segen zugleich, wenn ein Album derart stringent und homogen daherkommt.

Musikalisch kann man den fünf Norwegern auf jeden Fall nichts vorwerfen, spieltechnisch bewegt sich die Band durchwegs auf hohem Niveau. In Sachen Gesang muss sich Reindal nicht verstecken, auch wenn sie ihre Klasse nicht ganz so offensiv zur Schau stellt. Manchmal erinnert sie stimmlich sogar ein wenig an die Ex-The-Gathering-Sängerin Anneke van Giersbergen auf den späteren, weniger metallischen Alben der Band. Die Produktion der Platte ist dabei ausgewogen und voll, wenn auch skandinavisch unterkühlt, was keinesfalls negativ gemeint ist. Hier gibt es ebenfalls nichts zu meckern, was auch mit den Mastering-Skills von Cult Of Lunas Haus-und-Hof-Tontechniker Magnus Lindberg zu tun haben dürfte.

Fans von Bands wie King Woman, den härteren Chelsea-Wolfe-Platten, Ison, Gggolddd/Gold oder Darkher dürfte das aktuelle LEONOV-Album prinzipiell gut gefallen. Der ganz große Wurf ist „Procession“ aber leider nicht geworden. Denn auf die ersten drei sehr starken Songs folgt eine etwas vorhersehbare und generisch anmutende zweite Albumhälfte, was den Musikgenuss zwar nicht vollumfänglich schmälert, aber doch ein Geschmäckle zurücklässt. Trotzdem ein cooles und atmosphärisches Album, welches nicht zuletzt durch die tolle Sängerin punkten kann.

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Wertung: 7.5 / 10

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